Alle glücklich außer mir? Wie ich als Single-Frau mit Eifersucht umgehe


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Es ist alles Instagrams Schuld. Okay, wahrscheinlich liegt’s am Internet an sich, aber Instagram ist der perfekte Sündenbock, finde ich. Bevor wir eine Plattform hatten, auf der jede*r öffentlich sein oder ihr Leben präsentieren kann, waren die einzigen Personen, von deren Verlobungen, Schwangerschaften und Erfolgen ich wusste, Menschen, die ich tatsächlich kannte. Es gab keine digitale Magensonde, über die mir all diese Informationen eingeflößt wurden; ich hatte nicht das Gefühl, fünf Schritte hinter allen anderen zu sein, nur weil ich nicht das machte, was alle anderen machten.

Ich badete in seliger Ahnungslosigkeit und schrieb meine Nachrichten mithilfe von T9. Ohne das Internet wüsste ich nichts von den Freuden der anderen. Doch ein von der Außenwelt abgeschottetes Leben zu führen ist für mich – wie für den Großteil der Menschen – keine Option.

Eifersucht hat auf jeden Fall ihre Berechtigung

Ich bin ganz klar der Meinung, es muss keiner Single-Frau peinlich sein, ab und zu eifersüchtig zu sein. Das ist ganz natürlich, wenn man bedenkt, dass uns die Gesellschaft darauf programmiert, all das haben zu wollen, was uns andere mit einem Grinsen im Gesicht präsentieren. Und ich muss auch sagen, ich war früher selbst extrem eifersüchtig. Die Eifersüchtigste überhaupt. Ich war richtiggehend erfüllt von Eifersucht – und das fast ein ganzes Jahrzehnt.

Mit Ende 20 fing ich an, Instagram zu benutzen und durch meine Arbeit online immer aktiver zu werden – genau zu dem Zeitpunkt, als alle auf einmal heirateten und Kinder kriegten. Es gab Zeiten, da kam es mir so vor, als würden stündlich neue Eifersucht auslösende Posts live gehen.

Es gab Zeiten, da kam es mir so vor, als würden stündlich neue Eifersucht auslösende Posts live gehen.

18 Uhr: Schon wieder hat sich jemand verlobt. 19 Uhr: Und noch eine Babyshower. 20 Uhr: Schön für dich, dass deine Date Night so zauberhaft ist. Ich verbringe meinen Freitagabend mit einem superweirden Typ, der bei seinem Bumble-Profil mehr als nur ein bisschen geflunkert hat. Bis ich gelernt habe, wie wertvoll ein guter Digital Detox ist, badete ich in Eifersucht, als wäre es eine neue Badebombe von Lush.

Warum sie und nicht ich? Warum läuft es bei allen so gut, außer bei mir? Warum sind die beiden so glücklich? Und die beiden da drüben? Sind alle glücklich, außer mir? Warum haben alle das, was ich will, nur ich nicht? Was ist los mit mir? Alle haben dieses großartige Leben. Dieses Leben, das ich auch will. Und dabei tue ich doch alles dafür, es zu haben. Ich werde es nie haben. Ich werde nie glücklich sein. Was stimmt nicht mit mir?

Sechs Monate der Eifersucht sind nichts. Ein ganzes Jahrzehnt ist dagegen eine ganz andere Hausnummer.

Und so weiter und so fort. Das ging so lange, bis mein Selbstbewusstsein in etwa so groß war wie der Punkt am Ende dieses Satzes. Als ich das erste Mal single war, dachte ich, das würde höchstens sechs Monate anhalten. Maximal ein Jahr. Süß. Manchmal frage ich mich, was mein 20-jähriges Ich wohl gedacht hätte, wenn sie gewusst hätte, wie die nächsten Jahre ablaufen würden. Wenn sie gewusst hätte, wie hart es für sie wird und wie stark sie werden muss und wie viel sie lernen muss. Sechs Monate der Eifersucht sind nichts. Die stehe ich locker mit einer geführten Meditation und einer Sheet-Maske durch. Ein ganzes Jahrzehnt ist dagegen eine ganz andere Hausnummer.

Wie bei vielen Themen, denen man sich als über 30-jährige Single-Frau stellen muss, musste ich, auch was die Eifersucht anging, erst Mal so richtig wütend und genervt sein, bevor sich irgendetwas ändern konnte. Dating, Verlobung, Hochzeit, Baby, Hauskauf, Rente, Tod: Der lineare Lebensweg war so sehr in meinen Kopf einprogrammiert, dass es mich extrem viel emotionale Arbeit kostete, mich davon zu lösen.

Der lineare Lebensweg war so sehr in meinen Kopf einprogrammiert, dass es mich extrem viel emotionale Arbeit kostete, mich davon zu lösen.

Aber irgendwann war es dann soweit: Ich hatte die Nase gestrichen voll. Genauso wie man irgendwann keinen Bock mehr hat, jeden Tag das Gleiche zum Mittag zu essen, hatte ich es irgendwann einfach satt, eifersüchtig zu sein. Ich war es leid, wütend wegen dieser Sache zu sein, an der ich eh nichts ändern konnte – so sehr ich es auch wollte und versuchte. Mitzuerleben, wie alle um mich herum Beziehungen aufbauen und das perfekte, magische Glück finden, von dem ich dachte, es wäre inklusive, machte es für mich auch nicht leichter. Die Wut hatte mich überwältigt und das fühlte sich nicht gut an. Ich fing an, mich zu fragen, ob ich wirklich so leben wollte, wie ich es gerade tat.

Niedriges Selbstwertgefühl hin oder her, das machte einfach keinen Sinn

Ich war mir sicher, ich war nicht auf dieser Erde, um immer und immer wieder zu versuchen, jemanden zu finden, am Ende aber leer auszugehen – während alle anderen jemanden kennenlernten. Ich war an einem absoluten Tiefpunkt, aber das konnte einfach nicht meine Bestimmung sein. Ich wusste, es musste einen Grund dafür geben, wie mein Leben verlief.

All die Wut, die Frustration und die Enttäuschung waren so groß, dass ich nicht allein dafür verantwortlich sein konnte. Ich trug so viel Kummer in mir, dass ich es kaum ertragen konnte. Also ließ ich ihn einfach raus. An dem Ort, an dem alles begonnen hatte: Im Internet.

Mein Bewältigungsmechanismus heißt Schreiben

Podcasten funktioniert auch ganz gut, aber das Schreiben wird immer meine Lieblingsdroge bleiben. Je mehr ich über dieses Leben schreibe, dieses Leben, das in etwa so linear verläuft wie die Lombard Street in San Francisco, desto deutlicher sehe ich die Sonnenseite der Eifersucht. Und die lautet: Chancen.

In dem Moment, als ich beschloss, das Leben der anderen als Beispiel dafür zu sehen, was möglich war, war ich nicht mehr eifersüchtig. Sie haben sich in einem Bus kennengelernt? Ich fahre auch Bus. Sie hat mit 40 das erste Kind bekommen? Dann habe ich ja noch Zeit. Sie sind glücklich? Das kann ich auch sein. All diese Dinge sind Menschen passiert und das bedeutet, sie können mir auch passieren, denn ich bin schließlich auch ein Mensch.

Auf einmal sah ich überall Chancen und Möglichkeiten

Anstatt die ganze Welt als etwas zu sehen, an dem ich nicht teilhaben kann, entschied ich mich dazu, jedes einzelne Paar als persönlichen Beweis dafür zu sehen, dass gute Dinge existieren. Und das betrifft nicht nur Beziehungen! Jede*r ist mal eifersüchtig – ganz egal, ob er oder sie vergeben ist oder nicht. Es gibt immer Dinge, die andere Menschen haben und du nicht. Aber davon solltest du dich nicht runterziehen, sondern dich inspirieren lassen.

Ich weiß nicht, wann all diese kleinen Beispiele des Glücklichseins zur Realität für mich werden und ich die Art von Partnerschaft führe, die ich will. Doch anstatt deswegen eifersüchtig auf alle zu sein, die bereits glücklich vergeben sind, bin ich hoffnungsvoll und freue mich auf all die schönen Dinge, die mich erwarten. Es gibt so viele verschiedene Wege, glücklich zu sein. Ist es nicht aufregend, zu sehen, was das Leben für mich noch so bereithält?

Ist es nicht aufregend, zu sehen, was das Leben für mich noch so bereithält?

Wir kommen nicht auf die Welt, um ununterbrochen eifersüchtig zu sein oder das, was andere haben, als Erinnerung zu verstehen, an das, was wir nicht haben. Wir sind so viel mehr wert als das. Aber ich verstehe es; ich verstehe die Eifersucht. Früher war ich die Königin der Eifersucht.

Doch etwas an der Art und Weise zu verändern, wie wir all die Insta-Posts und Status-Updates sehen, kann uns helfen – sehr sogar. Sie zeigen uns nicht, was wir nicht haben. Sie zeigen uns, was möglich ist. Es ist schwer, eifersüchtig zu sein, wenn du dich auf etwas freust. Ich glaube, uns erwartet etwas eine wundervolle Zukunft. Freu dich drauf!

Headerfoto: João Silas via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür.

Text: Shani Silver.

2 Comments

  • Ich habe alle Refinery29 Artikel und die medium Artikel mit Shani gelesen. Ich stimme ihr in ganz ganz ganz gaaanz vielem zu. Das Problem mit Shani ist aber, dass sie (wie sie in podcasts immer mantra-artig vorbetet) und auch schon ein paar Mal geschrieben hat, SICHER ist, dass sie bald heiraten wird und die grosse Liebe finden wird. Die Realität sieht nun so aus: a) das ist magical thinking und irrational und b) es gibt keinerlei Indizien dafür und nur dadurch lässt sich für sie ihr Leben ertragen… Die Indizien, die wir haben sehen so aus: seit über einem Jahrzehnt und davor auch schon mindestens 6 Jahre lang (sie war in ihrer Pubertät auch schon immer Dauersingle) haben alle Kandidaten sich immer wieder und wieder gegen sie entschieden. Shani beteuert nun, dass nichts mit ihr „falsch“ sei – was die mit denen laut Gesellschaft etwas „falsch“ ist (Frauen, die als zu alt, zu dick empfunden werden; Entstellte und Autisten oder auch Nicht-hübsche Frauen) noch weiter marginalisiert. Anstatt den Blick der Gesellschaft in Frage zu stellen! Außerdem vermute ich sehr stark, dass es nicht stimmt. Ich vermute, dass Shani wie ich auch Autistin ist, aber leider nie getestet wurde. Ich hatte mich vor dem Test total empört „Autistin?! Ich doch nicht!“ Aber klar – danach wurde mein eigentlicher Werdegang was Dauersingle sein über Jahrzehnte und auch davor im Teenageralter verständlich! Das niemals ausgesucht werden! Und ich dachte nach meiner einzigen sehr verkorksten Beziehung genau wie Shani, dass ich in sechs Monaten nicht mehr Single sein würde. Inzwischen, genau wie bei Shani 12 Jahre später, weiß ich, dass das Quark ist. Und aufgrund meines Tests weiß ich warum. Nach Jahren Beschäftigung mit Dauersingles würde ich auch die Hand für ins Feuer legen, dass „mit mir stimmt nichts und trotzdem bin ich Dauersingle“ nicht existiert. Das ist eine (oft unwissentliche) Lebenslüge. Niemand wird wieder und wieder und wieder abgelehnt von allen Kandidaten, obwohl er laut Gesellschaft äußerlich und vom Verhalten her als normal und attraktiv eingestuft wird. Wir sollten außerdem die Narrative hinterfragen, anstatt weiter zu marginalisieren, in dem wir als Frauen uns von denen, die als nicht attraktiv (innerlich/vom Sozialverhalten her oder optisch) abgelehnt werden und zur Einsamkeit verdammt sind, abgrenzen.

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