Liebes Ich, auch wenn es sich manchmal so anfühlt: Du bist nicht nur Zweifel. Du bist nicht nur zitternde Hände. Du bist nicht nur „wieder nicht aufgestanden“. Du bist nicht zu wenig. Du bist nicht zu viel.
Es gibt Tage, an denen kannst Du am Anfang nicht sehen, ob sie ein gutes Ende nehmen werden. An denen es Dich zerreißt, mit Dir allein sein zu müssen. An denen es sich anfühlt, als könntest Du Dich noch so sehr anstrengen, aber das Licht am Ende des Tunnels bleibt genau das, ein Licht am Ende des Tunnels und Du, Du stehst am Anfang und hast nicht genug Kraft, Dich darauf zuzubewegen.
Es gibt Tage, an denen kannst Du am Anfang nicht sehen, ob sie ein gutes Ende nehmen werden.
Manchmal hast Du Dich auf die falschen Tatsachen verlassen oder auf die falschen Menschen. Du hast Deine Hoffnung genommen, eine Schleife drangebunden und sie einem Menschen entgegengestreckt, der sie zu verdienen schien. Seine Reaktion war schön, solange du hingesehen hast. Kaum hast Du ihm den Rücken gekehrt, hat er Dein Geschenk verloren. Vielleicht nicht aus Boshaftigkeit, manchmal reicht schon ein wenig Unachtsamkeit.
Nun hat dieser Mensch Deine Hoffnung verloren und nicht daran gedacht, dass Du dann ohne dastehst. Ein hoffnungsloser Fall, sozusagen. Es ist schwer, diese Hoffnung wiederzufinden. Der hoffnungslose Zustand macht die Suche noch ein wenig schwerer, es ist, als wäre die Abwesenheit von Hoffnung ein sehr schwerer Gegenstand und Du trägst ihn in einem wenig bequemen Rucksack mit Dir herum.
Nun hat dieser Mensch Deine Hoffnung verloren und nicht daran gedacht, dass Du dann ohne dastehst.
Es gibt Tage, an denen schaffst Du es nicht, diesen Rucksack auch nur anzuheben. An diesen Tagen fühlt es sich so an, als bestündest Du aus einer absurden Menge Zweifel, aus zitternden Händen und „wieder nicht aufgestanden“. Es fühlt sich an, als wärst Du nicht genug, als wärst Du zu wenig und gleichzeitig viel zu viel.
Ich habe eine Bitte an Dich: Lass diese Tage nicht Überhand nehmen. Es ist in Ordnung, dass sie da sind, aber gib ihnen nicht den Platz in der ersten Reihe, direkt neben goldenen Herbstspaziergängen und dem Gefühl von frisch gewaschener Leinenbettwäsche auf duschwarmer Haut. Das haben sie nicht verdient.
Du bist bunt und hell und leuchtend. Und laut. Und leise. Und wenig. Und viel. Und das ist alles genau richtig so.
Ja. Du bist auch zitternde Hände. Und Zweifel. Du bist auch „wieder nicht aufgestanden“. Du bist aber auch bunt und hell und leuchtend. Und laut. Und leise. Und wenig. Und viel. Und das ist alles genau richtig so.
Dein Ich
Headerfoto: Ivana Cajina via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!
Wahnsinn. So viel ich. Zu Tränen gerührt. Ein schönes Gefühl, zu fühlen, dass alles genau so richtig ist, auch wenn es sich manchmal Tage lang anfühlt, als müsste es anders sein. Danke für diesen Text. Ich lese ihn gleich noch einmal, um mich an die erste Reihe zu erinnern.