Lexikon der offenen Beziehungen: Von Anarchie bis Swingen


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Die ersten Gehversuche im Land der offenen Beziehungen können sich erstmal etwas wacklig anfühlen: Nicht nur, dass du nun mit der schwierigen Aufgabe befasst bist, deine Zweierbeziehung gegenüber anderen sexuellen oder vielleicht sogar romantischen Partner*innen zu öffnen, ohne vor Eifersucht zu zergehen.

Dazu kommt auch noch, dass ihr euch erstmal damit auseinandersetzen müsst, was eine offene Beziehung für euch beide persönlich überhaupt bedeutet. Beim Aufsetzen der Regeln kannst du gleichzeitig schon mal anfangen, Vokabeln zu lernen. Polyamorie, Polyfidelity, Nicht-Monogamie, Swingen und so weiter und so fort.

Während all diese Begriffe unter den Überbegriff „offene Beziehung“ fallen, haben sie alle verschiedene Bedeutungen und Regeln. Und wie heißt das, was dein*e Partner*in und du jetzt miteinander vereinbart haben? Wir haben eine Art Lexikon aufgestellt und erklären dir, was die einzelnen Beziehungsmodelle bedeuten.

Swingen

Ein*e Swinger*in ist eine Person, die mehrere sexuelle Beziehungen außerhalb seiner primären romantischen Beziehung(en) hat. Swinger*innen haben dabei normalerweise keine emotionalen Verbindungen zu Menschen außerhalb ihrer romantischen Beziehung(en). Einige Swinger*innen haben Sex nur mit engen Freund*innen (Friends-First-Swinging) und andere haben Sex mit Fremden oder gehen in Swingerclubs, um Sex mit anderen Swinger*innenn zu haben.

Ein*e Swinger*in ist eine Person, die mehrere sexuelle Beziehungen außerhalb seiner primären romantischen Beziehung(en) hat.

Swingen kann offen oder geschlossen passieren. Offenes Swingen ist, wenn Swinger*innen ihre Partner*innen wechseln und dann im selben Raum Sex haben, manchmal auch Gruppensex. Geschlossenes Schwingen ist, wenn Swinger*innen ihre Partner*innen wechseln und dann in getrennten Räumen Sex haben.

Offene Beziehung

Offene Beziehung wird manchmal als Oberbegriff verwendet, um jede Beziehung zu beschreiben, die nicht sexuell und/oder romantisch monogam ist, einschließlich Polyamorie. Der Begriff wird auch manchmal verwendet, um nicht-monogame Beziehungen zu beschreiben, die nicht polyamor sind, was bedeutet, dass Menschen sexuelle Erfahrungen außerhalb ihrer Beziehung erlaubt sind, Liebe oder Romantik allerdings der Paarbeziehung vorbehalten ist.

Monogamisch

Der Sexkolumnist Dan Savage prägte den Begriff monogamisch, um ein „großteils monogames Verhalten mit ausgefransten Rändern“ zu beschreiben. Das bedeutet, dass ein monogames Paar sich gegenseitig als seine*n romantische*n und sexuelle*n Hauptpartner*in betrachtet, aber ab und zu auch externe sexuelle Erfahrungen zulässt.

Polyamorie

Die Wurzeln des Wortes „Polyamorie“ bedeuten wörtlich „viele Lieben“ und das trifft auch schon den Kern des Ganzen. Polyamore Beziehungen unterscheiden sich von den meisten anderen offenen Beziehungen, weil es die Absicht der Partner*innen in einer polyamoren Beziehung ist, nicht nur Sex außerhalb ihrer primären Partnerschaften zu haben, sondern auch Liebe zu finden.

Die Wurzeln des Wortes „Polyamorie“ bedeuten wörtlich „viele Lieben“.

Es gibt viele Variationen von polyamoren Beziehungen. Manchmal handelt es sich um polyamore Gruppen, wobei diese geschlossen oder offen sein können. In geschlossenen Gruppen können die Mitglieder nur untereinander romantische und/oder sexuelle Beziehungen eingehen, in offenen sind darüber hinaus auch Beziehungen zu Menschen außerhalb der Gruppe zulässig. Manche Gruppen bestehen aus nur drei Personen, andere aus wesentlich mehr. In manchen Gruppen sind alle Beziehungen gleichgewichtet, während es in anderen Haupt- und Sekundärbeziehungen gibt.

Ethische Nicht-Monogamie

Ethische oder verantwortungsvolle Nicht-Monogamie kann so ziemlich alle offenen und polyamoren Beziehungen beschreiben. Dieser Begriff unterscheidet diese Art von Beziehungen vom Betrug. Er umschreibt, dass jede*r Partner*in in einer ethischen, nicht monogamen Beziehung die externen sexuellen Unternehmungen seine*r Partner*in kennt und akzeptiert. Normalerweise beinhaltet das auch, dass die Partner*innen Regeln und Richtlinien erstellen, die definieren, was in dieser Beziehung erlaubt ist und was nicht.

Polyfidelity

Polyfidelity ist eine Form der Polyamorie und kann auch als geschlossene polyamore Beziehung bezeichnet werden. Sie betrifft mehr als zwei Personen, erlaubt es aber nicht, dass die beteiligten Partner*innen Sex oder Beziehungen zu Personen außerhalb der bereits etablierten Gruppe haben. Zum Beispiel kann das eine polyamore Gruppe (drei Personen in einer Beziehung) sein, in der alle Mitglieder einander treu sind. Beziehungen zu weiteren Personen sind jedoch tabu.

Polygamie

Das Wort bedeutet „viele Ehen“. So haben Menschen in einer polygamen Partnerschaft mehrere Ehepartner*innen oder sind eine*r von mehreren Ehepartner*innen. Die Heirat mehrerer Personen ist hierzulande illegal, innerhalb religiöser Gruppen kann es aber vorkommen, dass Menschen mehrere Hochzeitszeremonien mit verschiedenen Heiratspartner*innen durchführen. Diese „Ehen“ sind vor dem Gesetz aber ungültig.

Beziehungsanarchie

Während polyamore Beziehungen mit Richtlinien und Regeln für die beteiligten Partner*innen funktionieren, glauben Beziehungsanarchist*innen, dass es weder Regeln oder Erwartungen an irgendeine Art von Beziehung geben sollte, noch dass etwaige Art von Beziehung Vorrang vor einer anderen haben sollte. Das Konzept der Haupt- und Nebenbeziehung ist hier also ebenfalls nicht vorhanden.

Beziehungsanarchist*innen glauben, dass es weder Regeln oder Erwartungen an irgendeine Art von Beziehung geben sollte.

Außerdem wird nicht in sexuelle, romantische oder sonstige Arten von Beziehung unterschieden. Ein*e Beziehungsanarchist*in könnte etwa eine*n platonische*n Freund*in als gleichwertig zu eine*r Sexualpartner*in betrachten.

Headerfoto: Stockfoto von Blackday/Shutterstock. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

Text: Kasandra Brabaw.

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