Vom Worst-Case-Szenario zum Best-Of! Wie Du die Eifersucht in Deiner Beziehung überwinden kannst

Ich bekomme immer mal wieder zu hören, dass jemand, der nicht eifersüchtig ist, seinen Partner angeblich nicht liebt. Oder dass der Partner einem gar egal ist. Ich bin hingegen der Meinung, dass Menschen, die eifersüchtig sind, sich selbst nicht lieben und sich mit den idealisierten Bildern von Partnern und Partnerschaft zu sehr identifiziert haben.

Ja, es sind immer wieder Bilder, Interpretationen, und Gedanken, die aus „gewöhnlichen“ Alltagssituationen verschreckende Worst-Case-Szenarien entstehen lassen. Anders ausgedrückt: Dein Ego hat es auf dich abgesehen!

Das Ego ist mächtig, manchmal sogar so sehr, dass es das ebenso mächtige Gefühl der Liebe komplett überdeckt. Dann sind die Kopfkinofilme wieder Kassenschlager.

Das Ego ist manchmal so mächtig, dass es das Gefühl der Liebe komplett überdeckt. Dann sind die Kopfkinofilme wieder Kassenschlager.

Und das Schlimme daran ist, dass wir auch noch denken, dass wir keine andere Wahl haben. Irgendwer sagt immer: „Du musst eifersüchtig sein. Dein Herz muss bluten. Du darfst nicht frei sein. Und Liebe ist eh meistens bittere Enttäuschung.“

Ich frage mich: Ist das wirklich wahr? Und vor allem ist das immer so extrem oder gibt es auch mögliche Abschwächungen? Müssen wir uns immer so elendig dabei fühlen und diese schreckliche Angst haben?

Manch einer würde jetzt sicherlich zustimmen. Aber auch dem kann geholfen werden. Annahme ist der Schlüssel zum Glück. Widerstand hingegen macht uns verrückt.

„Aber wie soll ich etwas akzeptieren, wenn ich Angst habe, jemanden zu verlieren? Ich liebe ihn doch.“

Ist das wirklich Liebe, wenn man Angst hat und deswegen Verhaltensweisen an den Tag legt, die für Außenstehende eher mit Besitzdenken zu tun haben?

Fühlst Du Dich geliebt, wenn Dir Dein Partner misstraut?

Da wird dann mal aus einem „nichtigen“ Vorwand der Emailaccount gehackt, ins Handy geschaut, ein Privatdetektiv beauftragt und ganz viel Lebenszeit damit verbracht, seine Energie auf all diese negativen Gedanken zu lenken. Was hat das mit Liebe zu tun?

Was ist, wenn der Partner das mit uns macht? Fühlen wir uns dann geliebt? Fühlst Du Dich geliebt, wenn Dir Dein Partner misstraut?

„Ich kann doch nichts für meine Angst.“

Richtig. Für die eigenen Ängste kann man nichts. Sie sind einfach da. Aber man kann Verantwortung übernehmen. Du könntest selber dazu beitragen, dass die Gedanken angenehmer werden. Du könntest selber ganz viel dazu beitragen, dass deine Situation sich verbessert. Stattdessen verschlimmbesserst Du lieber Deine Situation, indem Du Deine negativen Identifikationen auf Deinen Partner projizierst.

Für die eigenen Ängste kann man nichts. Aber man kann Verantwortung übernehmen. Du könntest selber dazu beitragen, dass deine Situation sich verbessert.

Ja, in Deinen Augen ist er dafür verantwortlich, dass es Dir gut geht. Er muss Rücksicht nehmen, Er muss Dir Sicherheit geben. Er muss sich verändern. Denn wenn er das nicht tut, dann ist er Schuld. Du kannst ja angeblich nichts dafür, dass er Dir Gründe liefert, warum Du unbedingt eifersüchtig sein musst.

„Ich tue doch alles für ihn. Ich bin immer für ihn da. Der muss doch sehen, was er an mir hat.“

Du opferst Dich für andere auf und erwartest im Umkehrschluss, dass Dein Gegenüber das mitbekommt und das genauso hält. In Deiner Welt ist es nun mal so, dass Menschen, die zusammen sind, auch füreinander bestimmt sind. Und dementsprechend musst Du Dich auch verhalten.

Benimmst Du Dich anders, bekommst Du Angst, es überfordert Dich. Du entwickelst Gedanken und bewertest jedes Verhalten Deines Partners, was sich für Dich nicht stimmig anfühlt. Dass Dein Gegenüber aber auch nur nach seiner Weltanschauung lebt, weil er es so gelernt hat oder vorgelebt bekommen hat, ist manchmal schwer zu realisieren.

Nein, er muss so sein wie Du, sich also entweder genauso um Dich kümmern und am besten für immer dankbar sein. Aber ist das wirklich wahr?

Quälende Eifersucht ist Gift für jede Beziehung. Ich glaube daran, dass niemand gerne eifersüchtig ist. Wer schluckt schon freiwillig Gift?

Quälende Eifersucht ist Gift für jede Beziehung. Ständiges Misstrauen hält niemand lange aus. Und ich glaube ganz fest daran, dass niemand gerne eifersüchtig ist. Wer schluckt schon gerne freiwillig Gift?

Im Übrigen ist Gift eine andere Bezeichnung für Toxine. Im Umkehrschluss heißt das also auch, dass eifersüchtige Menschen toxisch (giftig) sind. Ein Verhalten, das man sonst immer nur Narzissten und Psychopathen zuschreibt, legen eifersüchtige Menschen also auch an Tag.

Du bist extrem misstrauisch, hochsensibel, sehr verletzlich und oftmals sogar verletzt in Deinem Innersten. Das trifft auf Männer gleichermaßen zu wie auf Frauen, nur dass man den Frauen die Opferrolle eher abnimmt als den Männern.

Woran diese Wahrnehmung liegt? Ich tippe mal stark auf gesellschaftliche (systemische) Rollenbilder und auf Kindheitstraumata oder Prägung. Was es auch immer ist, es ist in keinem Fall gut, außer man hat sich daran gewöhnt und ist gut im Verdrängen. Aber selbst dann fühlt sich das absolut nicht gut an. Weil niemand auf ewig alles verdrängen oder runterschlucken kann.

„Wie werde ich meine Eifersucht denn bloß los? Ich will doch gar nicht eifersüchtig sein. Ich weiß doch, dass ich damit alles kaputt mache“.

Du weißt, dass es Dich kaputt macht, aber Du findest keine Lösung, verstehe ich das richtig?

Aus Dir spricht im Eifersuchtsmodus das verletzte innere Kind. In der Transaktionsanalyse spricht man vom Kind- Anteil. Und sobald diese verletzt sind, tauchen Gedanken auf und Du fühlst Dich absolut hilflos dagegen. Du hast nie gelernt, für Dich selbst zu sorgen, aber genau das brauchst Du jetzt gerade: jemanden, der sich um Dich kümmert. Dein Partner kann das nicht, denn der muss auf sich selbst aufpassen.

Du hast nie gelernt, für Dich selbst zu sorgen, aber genau das brauchst Du. Dein Partner kann das nicht, denn der muss auf sich selbst aufpassen.

Wenn Du dann auf jemanden triffst, der das auch noch relativ gut kann, verstärkt das Deine Hilflosigkeit und Deine Ohnmachtsgefühle. Du entwickelst Neid. Ja, er kann etwas, was Du nicht kannst. Und Du fängst an, ihm missgünstig nachzuspionieren. Und sobald er das merkt, fängst Du leider auch unbewusst an zu riskieren, dass er geht und Du ihn somit verlierst. Und was tust Du? Du klammerst und fängst an zu jammern.

„Ja, ich will doch gar nicht klammern. Aber ich will ihn auch nicht verlieren“.

Ich glaube Dir, möchte Dir dennoch mal etwas erklären, das psychologisch nachhaltig bewiesen wurde.

Selbst die schlimmsten Gefühle dauern nur eine gewisse Zeit an. Jedes Gefühl hat einen natürlichen Kurvenverlauf. Es fängt ganz langsam an, baut sich dann auf und wird dann jedoch auch wieder schwächer. Je weniger wir uns mit anstachelnden Worst-Case-Szenarien auseinandersetzen und wir unseren Interpretationen – die im Übrigen unsichtbar sind – Glauben schenken, umso schneller kann sich die Belastung wieder in Luft auflösen.

Je besser wir das Gefühl also auf liebevolle Weise auffangen, umso schneller kann es wieder abklingen. Und dies stellt nun Deine Aufgabe dar. Sei für sich da.

Energie ist also nichts anderes als Luft. Je heißer die Luft, desto höher die Energie. Je besser wir das Gefühl also auf liebevolle Weise beantworten und auffangen, umso schneller kann es wieder abklingen. Und dies stellt nun Deine Aufgabe dar. Übernimm Verantwortung für Dein inneres Kind (für Deinen emotionalen Zustand). Sei Dir selbst eine gute Mutter oder ein guter Vater. Sei für sich da. Dein Partner lebt es Dir nur vor. Mach es ihm gerne nach.

Du weißt inzwischen, dass die Deutung einer Situation in ihrem Kopf entsteht. Wenn Dein Partner sich zwei Minuten mit einer attraktiven Person unterhält oder mit einer anderen Frau telefoniert, heißt das also nicht, dass er fremd geht deswegen. Warum solltest Du das glauben, nur weil Dein Ego Dir das vorgaukelt? Grenzt das nicht an Selbstquälerei? Kannst Du statt einem Worst-Case-Szenario nicht auch ein Best-Of-Szenario entwickeln?

„Wie soll das gehen?“

Nun im akuten Zustand der Eifersucht bist Du absolut davon überzeugt, dass jeder „vernünftige“ Mensch die gleiche Schlussfolgerung ziehen würde wie Du selbst. Tut er das nicht, unterstellst Du ihm dass er keine Ahnung hat oder nicht richtig liebt. Besteht dann nicht auch umgekehrt die Möglichkeit, dass Du keine Ahnung hast und nicht richtig liebst? Du willst, dass man Dir glaubt.

Bei der Eifersucht geht es jedoch nicht ums Rechthaben.

Bei der Eifersucht geht es jedoch nicht ums Rechthaben, sondern darum, ob Dir das, was Du so felsenfest glaubst, dient.

„Wozu soll mir das dienen?“

Es ist tatsächlich eine Entscheidung, die Du hier triffst. Bei näherem Hinsehen geht es um die Entscheidung zur Selbstverantwortung und hat mit Mitgefühl und Liebe zu sich selbst zu tun. Im ersten Moment weichst Du davor zurück, denn Du beharrst auf deinem Recht und wünschst Dir ja, dass der Partner etwas ändern möge und nicht Du. Das wäre tatsächlich am bequemsten und gefühlt auch am stimmigsten, nicht wahr?

Und vermutlich hast Du es auch schon probiert, das Deinem Partner ans Herz zu legen. Dein Erfolg hielt sich aber in Grenzen, oder? Ich kann Dich beruhigen. Mit dieser Methode hatte noch niemand Erfolg. Am Ende kam es immer irgendwie zur Trennung. Und da Du das ja nicht willst, rate ich Dir dringend, Selbstverantwortung zu übernehmen oder zu lernen.

Wie das geht? Mit Empathie für sich selbst und den Partner fängt das an.

Headerfoto: Austin Human via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

Leonard Anders wurde im Jahr 2015 eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Kurz nach seiner mittleren Reife hatte er seinen ersten Zusammenbruch und mit ihm begann eine wahre Odyssee. Er war fast ein Jahr durchweg in der Psychiatrie, überlebte drei Suizidversuche, war obdachlos und kämpfte sich von ganz unten wieder nach oben. Nach erfolgreicher Aufarbeitung seiner verletzten inneren Kindanteile arbeitet Leonard Anders heute als Coach und Lebensberater und hilft Menschen dabei, ihre Glaubenssätze und Trigger aufzulösen. Er ist Autor des Buches "Ein Narzisst packt aus" erschienen im Mai 2018 im Tectum- Verlag.

3 Comments

  • Danke für diesen Text. Ich habe gerade erst angefangen an mir und meiner Eifersucht zu arbeiten und kann mich in vielen Punkten wiederfinden, die du beschreibst. Auch, dass ich in solchen eifersüchtigen Momenten nur noch negative Gedanken habe/zulasse, dabei – vermute ich zumindest – haben diese negativen Gedanken gar nichts mit meiner Beziehung oder der Situation zu tun, irgendwas triggert vergangene Verletzungen und Verlustängste in mir und diese beherrschen mich dann total und ich fühle mich machtlos aus dieser Spirale alleine auszubrechen. Sobald ich dann mit meinem Partner über die Situation sprechen kann geht es mir schlagartig besser und ich komme aus diesem Kreislauf raus, nur alleine schaffe ich es noch nicht. Rational weiß ich aber, dass ich meinem Partner absolut vertraue. Leider beherrschen mich in solchen Situationen nur meine Emotionen. Aber ich arbeite an mir.

  • Sehr geehrter Herr Anders,

    Empathie seinem Partner und sich selber entgegenzubringen klingt nach einem guten Anfang. Auch den Eifersuchtsgefühlen nicht die Oberhand gewinnen zu lassen klingt schwierig, dennoch richtig.
    Nur wie ist das, wenn man gar nicht erst befürchtet der Partner würde einen betrügen? Wenn man einfach nicht gerne teilt?
    Ich persönlich leide an diesem „Einzelkind-Syndrom“. Obwohl ich kein Einzelkind bin und diese Bezeichnung vermutlich auch absolut unpassend ist, leide ich daran. Wenn mein Freund sich mit seiner besten Freundin trifft, glaube ich nicht etwa sie würden etwas miteinander anfangen, mich hintergehen oder ähnliches, auch befürchte ich nicht ich würde ihn an sie verlieren. Es ist schlichtweg der Gedanke, dass sie jetzt bei ihm ist und ich nicht.
    Bin ich beschäftigt, fällt es mir leichter Ihnen diesen Spaß zusammen zu gönnen, doch tue ich in dem Moment nichts oder langweile mich, dann setzten bei mir diese schlechten Gefühle ein. Ja, vielleicht ist es nicht einmal Eifersucht, sondern viel mehr Neid in dem Moment. Ich möchte bei ihm sein und mit ihm Spaß haben und finde es absolut verletztend, dass er das gerade einer anderen zuteil kommen lässt.
    Auf einer rationalen Vernunft-ebene verstehe ich, dass die beiden sich schon lange kennen und ich sehe auch absolut ein, dass er nicht nur mich als weiblichen Kontakt haben kann, aber tief in mir ist dieses Gefühl, dass ich am liebsten der einzige weibliche Mensch wär, dem er Freude bereitet. Das am liebsten auch immer und jederzeit. Rational verstehe ich auch, wie falsch diese Emotionen sind, nur fühle ich mich in diesen Momenten absolut schlecht.

    Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob die Kommentarfunktion, für solche Briefe, wie meinen, gedacht sind. Die Gedanken wollte ich aber auf jeden Fall einmal loswerden und würde mich über eine Antwort deinerseits freuen.

    Liebe Grüße
    Lou

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