Samstagnachts – wenn aus Dir und mir ein Wir wird

Samstagnacht – raus aus dem Club – mal wieder zu voll, zu stickig, immer die gleiche Musik, immer die gleichen Gesichter. Da stehen wir nun, fünf Mädels, reden zu laut, weil uns die Ohren noch dröhnen, rauchen, auf der Suche nach Zerstreuung. Es ist eine dieser Sommernächte, der Asphalt ist noch warm von der Mittagshitze, man kann den Staub der Stadt riechen, glänzende Gesichter, für immer jung, wir wollen was erleben.

Ich nehme mein Handy raus und schicke Dir eine Nachricht: „Wo bist Du?“ Du antwortest kurz darauf. Nicht weit weg bist Du, wie so oft. Kurzes hin und her, wir verabreden uns. Die Mädels gehen nach Hause, ich sitze an der Kreuzung – irgendwie verdammt unbequem – auf einem Fahrradständer, beobachte die Geister der Nacht, die musizieren mit ihren klirrenden Bierflaschen. Straßentanz und irgendwie doch Stille und ich warte auf Dich.

Wir stehen seit vielen Jahren an einer Kreuzung. Ich biege immer wieder ab – in Richtung Freiheit – und Du in Dein Zuhause, wo jemand auf Dich wartet.

Was das mit uns ist, weiß ich nicht. Wir stehen auch seit vielen Jahren an einer Kreuzung. Ich biege immer wieder ab – in Richtung Freiheit – und Du in Dein Zuhause, wo jemand auf Dich wartet. Sehen müssen wir uns doch immer wieder und wenn an der Kreuzung mal kurz alles steht, dann stehen auch wir. Schweben hoch wie Seifenblasen, es gibt für Sekundenteile nur noch uns.

Wir kapieren es wohl beide nicht und trotzdem ist es klar, dass es nie was anderes geben wird.

Ich grinse, weil ich merke, dass ich mich darauf freue, Dich zu sehen.

Du kommst kurz darauf um die Ecke, eine Tüte in der Hand. Du hast beim Späti noch Dosenbier gekauft, obwohl Du meinst, dass Wein für ein Mitternachtsdate angebrachter wäre. Das ist belangloser Kram, vielleicht, und vielleicht doch viel mehr. Das sind diese Momente mit Dir, die mich immer wieder glücklich machen, weil Du Du bist.

Wir verlassen den unbequemen Fahrradständer und setzen uns auf die nächste Treppe. Wie zwei Nomaden: rastlose Seelen in Sommernächten, immer auf der Straße, nie irgendwo ankommend. Wir reden, trinken das beste Dosenbier der Welt und während ich Dir irgendeine meiner Wahrheiten erzähle, küsst Du mich plötzlich.

Wie zwei Nomaden: rastlose Seelen in Sommernächten, immer auf der Straße, nie irgendwo ankommend.

Das hast du schon eine ganze Weile nicht mehr getan und ich habe auch nicht darauf gewartet. Umso besser ist, dass Du es tust. Das ist unsere Phase zum Anhalten – nur wir zwei, Welt aus.

Du sagst, Du hast schon so oft daran gedacht, wie es wäre mit uns. Schön könnte es sein, wir haben doch diese Connection. Ich kann nichts sagen. Was ist mit Dir los? Du, der nie über Gefühle redet, hast über ein Wir nachgedacht? Und dann geht es plötzlich um mich, mein ständiges Abreisen, Woanders-Sein-Wollen, meine unstillbaren Sehnsüchte. Wäre es mit Dir zusammen stiller in mir drin?

Ich weiß es nicht, ich konnte es nie ausprobieren.

Unsere Worte prasseln auf den warmen Asphalt – wie Sternenglitzer im Straßenstaub. So bei Dir zu sein, das ist doch gerade das Schönste. Ich fühle mich geschützt, richtig und ich erkenne den vollkommenen Moment.

Irgendwann wird der Himmel grau, dann rosa. Unsere Anhaltezeit ist vorbei, die Ampel springt auf grün, das Wir zerfällt wieder zum Du und ich.

Irgendwann wird der Himmel grau, dann rosa. Unsere Anhaltezeit ist vorbei, die Ampel springt auf grün, das Wir zerfällt wieder zum Du und ich. Jeder geht an der Kreuzung seinen Weg, wir sind nie in die gleiche Richtung unterwegs.

Headerfoto: Romantisches Pärchen auf Straße (Stockfoto) via Bogdan Sonjachnyj/Shutterstock. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

FRAU LICHT ist Gelegenheits-Schreiberin, Yogi und Fernwehspezialistin, immer auf der Suche nach den großen Gesten und den tollen Geschichten, sitzt liebend gerne am Meer oder bei Oma am Küchenfenster, allzeit bereit für das Gute im Leben, im Menschen und für diese magischen Momente. Mehr Poesie und Buchstabenspielereien aus dem monkey mind gibt es auf ihrem Blog. 

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