Unsere Liebe in der Seifenblase

Träume sind das, was uns Menschen wohl von Maschinen unterscheidet. Sehen wir mal von Science Fiction Romanen von Philip K., Dick usw. ab. Sie sind das, was unseren Alltag bereichert und uns glauben lässt, dass unser Leben mehr ist als arbeiten, essen und schlafen. Sie geben der schnöden Realität einen bunten Anstrich. Sie tragen uns davon, sind spannend, aufregend und können uns inspirieren, uns aber genauso den Schlaf rauben und Dämonen in unseren Köpfen wecken.

Es ist nun eine Woche her, als ich das letzte Mal von Dir gelesen habe. Ich selbst habe eine totale Stille eingefordert.

Es ist nun eine Woche her, als ich das letzte Mal von Dir gelesen habe. Ich selbst habe totale Stille eingefordert. Jeder weiß, dass man das, wovon man sich lösen will, so weit wie möglich von sich schieben muss. Auch ich bin eigentlich Veteran in Trennungen. Doch diese Geschichte ist etwas Anderes – habe ich doch schon unendlich viele Worte darüber verloren.

Ich habe mit Worten und Gedanken versucht zu beschreiben, was nicht von dieser Welt schien. Die Bezeichnung „Traumfrau“ bekam durch Dich eine ganz neue Dimension. In Vielerlei Hinsicht. Du warst wohl alles, was ich mir erträumte, und alles, vor dem ich Angst hatte. Der Spiegel meiner größten Stärken und ärgsten Schwächen. Gerade deswegen schmerzte so manche Reflexion und ebenso tat manches so gut, dass ich es wohl ewig hätte so weiter machen wollen…

Nüchtern betrachtet, standen die Chancen für ein Happy End nie gut. Du warst in einer unendlich langen Beziehung, die Dir Sicherheit bot – und vielleicht noch immer bietet. Dieser Halt war etwas, was ich Dir geben wollte, aber irgendwie nicht konnte. Beziehungsweise war es aufgrund meiner Rolle verdammt schwierig. Du hingegen hast auch nicht gerade das Bild einer loyalen Freundin transportiert.

Unsere Rollen haben den Momente zu kostbaren kleinen Ewigkeiten gemacht und den Alltag so weit weg geschoben, wie man es sich nur vorstellen kann.

Unsere Rollen haben Momente zu kostbaren kleinen Ewigkeiten gemacht und den Alltag so weit weg geschoben, wie man es sich nur vorstellen kann. Absolut verrückt, dass ich mir so etwas mit Dir wünschte, obwohl ich alles tat, genau dieses Bild, was gesund in so einem Alltag wäre, zu verklären. Doch ich glaube genauso, dass Du der Mensch an wessen Seite auch immer sein kannst, der Ruhe gibt, so wie ich es einst war und irgendwann wieder sein werde. Unabhängig von Dir und mir.

Ich war der Störenfried in Deiner Beziehung. Habe sie durcheinander gebracht und Du warst die Ausreißerin, die von einem Problem wohlwollend zum nächsten sprang. Ich wollte niemals Dritte verletzen, aber ich war egoistisch – so wie Du es warst. Ich liebte Dich so sehr, dass ich alles tat, um Dich immer wiederzusehen. Doch das war weniger berechnende Manipulation als eher das Greifen nach einem Strohhalm – mit voller Leidenschaft und Überzeugung.

Das ging auch eine Zeit lang auf eine seltsame Art und Weise gut, aber es wurde mit jeder neuen Welt, in die Du sprangst, schwerer… wir wurden schwerer. Meine Gedanken wurden immer verschwommener. Diese vermischten sich dann mit denen der anderen und verklebten zu einem zähen Brei in meiner Fantasie. Und wir wurden, abseits von unseren immer weniger werdenden Momenten, immer kleiner…

Und so gingen wir durch Himmel und dann durch die Hölle. Der Abschied, der wohl jetzt ein endgültiger ist, hat sich Jahre hingezogen.

Und so gingen wir durch Himmel und dann durch die Hölle. Der Abschied, der wohl jetzt ein endgültiger ist, hat sich Jahre hingezogen. Oft war es ein Trost, dass wir doch irgendwie nicht voneinander loslassen konnten. Und nun sage ich: „Ich will nichts mehr von Dir sehen, hören oder lesen“. Du ziehst es durch! Bestimmt aus einem guten Grund heraus. Nämlich, weil Du mir helfen willst.

Deine Nummer habe ich längst gelöscht. Selbstschutz. Du meine vielleicht auch. Auch wenn ich dennoch oft daran denke, Dir zu schreiben. Doch wozu? Eben dieses logische Abwägen über Ursache und Wirkung tat ich in der Vergangenheit nie. Was wir gut konnten, war Glück ohne Worte, wenn wir uns nah waren. Doch das sind wir nicht mehr. Da war eine Plaudertasche, wie ich es sein kann, ruhig und geerdet. Doch auch das bin ich… besonnen und in der eigenen Mitte auch wenn ich diese nun wieder suche.

In der Ferne waren Worte und Bilder gemeinsame Traumbilder, die uns gut taten. Und nun, wo diese kategorisch ausgegrenzt sind und wir auch nicht das Bedürfnis haben, über das Wetter oder das Fernsehprogramm zu reden (das haben wir nie) oder auch nie die Muße zum philosophieren hatten, obwohl wir das beide könnten…  Jetzt, wo wir wieder Angst davor haben, uns zu öffnen… was bleibt da noch? Auf Vorwürfe und Unterstellungen habe ich selbst keine Lust mehr.

Am Ende schriebst Du mir einmal, meine Spinnerei hätte alles kaputt gemacht. Aber war es das nicht schon längst – kaputt?

Am Ende schriebst Du mir einmal, meine Spinnerei hätte alles kaputt gemacht. Aber war es das nicht schon längst – kaputt? Sind meine Vorwürfe und Unterstellungen nicht aus dem gewachsen, was geschehen ist? Dieses Gedankenkarussell, das sich manchmal so schnell dreht, dass mir schwindlig wird, möchte ich nicht und wollte ich nie. Genauso wenig wollte ich unsere Seifenblasenwelt unnötig beschweren.

Aber es gibt nunmal nicht nur Dich und mich auf dieser Welt, so wie wir es fühlten, wenn wir beieinander waren. In genau diesen Momenten fragten wir uns unzählige Male, ob es UNS gut geht. Und nun? Nun traut sich niemand mehr, zu fragen oder er hat Angst vor der Antwort des anderen. Geht es dem anderen „zu gut“, wird man traurig, weil man davon kein Teil mehr ist – obwohl man es dem anderen wünscht, und geht es dem anderen schlecht, fühlt man sich selbst schuldig.

Ohnehin ist die Schuldkarte eine, die wir ständig wie einen schwarzen Peter von der einen Seite des Tisches zur anderen schieben. Richtiger wäre wohl sie in der Mitte liegen zu lassen. Wir sind eben nur Menschen dieser Erde.

Ich höre Deine Stimme, die sagt: „Es ist doch alles gut“, auch wenn es lange her ist, dass ich dies aus Deinem Mund gehört habe. Rational betrachtet, ist es das vielleicht auch: gut – aber fühlen kann ich es noch nicht. Akzeptanz… so ein einfaches Wort… so schwer kann es jedoch manchmal sein. „Es ist nur eine verdammte Woche“, sage ich mir selbst und denke nur: „Reiß Dich zusammen!“ Sicher, das versuche ich, aber weißt Du, was mir in der Seele weh tut? Dass morgen Deine Ausstellungseröffnung in der Heimat ist und ich dort keinen Platz finde.

Ich höre Deine Stimme, die sagt: „Es ist doch alles gut“, auch wenn es lange her ist, dass ich dies aus Deinem Mund gehört habe.

Ich war bei anderen dabei. Einmal hielt ich die Kamera und reichte sogar Deinen Eltern die Hand, ein anderes Mal war ich mit meiner besten Freundin da – als Geheimagenten. Aber so sehr ich Deine Kunst verehre, so sehr schmerzte es, nicht einfach in Ruhe alles genießen zu können – ohne eine Rolle spielen zu müssen. Ich weiß, dass ich dort nur gestört hätte und Dir mit Sicherheit NICHT gut getan hätte.

Meine Anwesenheit würde alles durcheinander bringen. Und diese Gewissheit ist bitter. Denn ich will nicht ein besserer Schauspieler sein, um Zugang zu Deiner Welt zu bekommen. Ich kann damit leben, dass ich mit dir in heimlichen Momenten die Zeit meines Lebens hatte, aber hinter Alibis und Lügen zu existieren, das widerspricht mir und meiner Natur. Das war es, was mein Selbstbewusstsein angekratzt hat, und nun baue ich es wieder auf. Stein für Stein.

Und doch wünsche ich Dir die großartigste Ausstellung, die Thüringen je gesehen hat. Mit Sicherheit ist es schwer zu sagen, was bezaubernder ist: Du oder Deine Werke. Aber ich habe eben darin keinen Platz mehr und das muss ich – verdammt nochmal – akzeptieren! Kein Vorgaukeln mehr, keine Träumerei – blanke und beschissene Realität!

Die Bernsteine unserer Momente liegen nun in einem Zimmer meiner Phantasie, was ich nun seltener betrete.

Die Bernsteine unserer Momente liegen nun in einem Zimmer meiner Phantasie, was ich immer seltener betrete.

Du schriebst einmal, es werden neue kommen. Vielleicht ist dem so… rational betrachtet, realistisch… aber soweit bin ich noch nicht… ob Du es bist – ich weiß es nicht. Aber Du warst schon immer besser im Weglaufen als ich. Ob das nun gut oder schlecht ist, weiß ich nicht und will ich auch gar nicht mehr bewerten. Und schon gar nicht, wie Du jetzt bist. Was Du denkst und fühlst. Welche Entscheidungen Du triffst.

Noch liegt Seifenblasenhaut auf meiner Seele. Millimeterdünn und bunt schimmernd. Von Momenten, die es wert waren, zu leiden. Nun heißt es, aus dem Gedankenkarussell auszusteigen und im „Jetzt“ zu sein. Es anzuhalten – aus eigener Kraft. Stück für Stück… Oder einfach rausspringen bei voller Fahrt.

Dass wir uns irgendwann wiedersehen, weiß ich. Es wäre schön, wenn es in Freiheit geschieht. Und damit meine ich auch die Freiheit in meinen Gedanken. Bis dahin bleiben sie in einem Zimmer meiner Phantasie eingeschlossen, gemeinsam mit den Bernsteinen unserer Erinnerungen.

Headerfoto:  Natalia Figueredo via Unsplash.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt) Danke dafür.

LINUS Traumjäger, Herzmensch und Kreativling.

1 Comment

  • WOW

    Da ist ganz viel Herz und Schmerz und Liebe und ein Mann, der so stark ist, dass er trotz des Schmerzes, irgendwann wieder lieben kann, jemanden, der dann nur Augen und Herz und Momente für ihn hat! Ich wünsche es dir!

    LG von einer, die es auch aus jüngster Erfahrung kennt… es wird besser… aber es dauert

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