Franziska | 29 | Hamburg

„Mach bitte keine Esoterik-Tante aus mir!“

Ein kalter Montagabend in Hamburg, kurz vor 19 Uhr. In der lokalen Kneipenszene eher ein Nebenschauplatz des wilden Betrinkens, für uns gemütlicher Auftakt der Hamburger Kieztour. Sternschanze ist the Ort, Franziska is the Name. Ausgesucht hat sie sich das Zoë 2, die ja jeder nur als Sofa-Bar kennt. Ich bin ein paar Minuten zu früh und warte auf meine Fotografin Maria. Etwas entfernt steht ein Mädchen. That akward moment, wenn man sich nicht sicher ist, ob man aufeinander wartet. Nach zwei Minuten gehe ich doch rüber und frage. Jackpot. Es ist Franziska. Und wir gehen rein und starten in den Abend. Zwei Astra, bitte!

Ich weiß von dir, dass du Franziska bist, 29, Männer suchst, gebürtig aus Stralsund kommst und seit 2010 in Hamburg wohnst, weil du hier eine Schulbibliothek übernommen und aufgebaut hast. Right?

Yeah, du bist gut informiert, Daniel.

Wie kam das mit dieser Bibliotheksache zustande?

Ja, ich bin Bibliothekarin. Ich habe eine Ausbildung gemacht und weil es bei uns in Stralsund nicht so viele Möglichkeiten gibt, habe ich dann hier die Chance bekommen, eine Schulbibliothek zu leiten und hatte da auf jeden Fall Bock drauf.

Hast du uns auch ein paar Gegenstände von dir mitgebracht?

Ja, soll ich mal rausholen?

Klar! Scheint ja sehr klein zu sein.

(Sie lacht) Ja, passt alles in diesem Umschlag. Ich bin jemand, der sehr an Dingen hängt und bin sehr familienverbunden. Das ist eine Kette, mein Lieblingsbuch und ein Dia meiner Oma. Ich studiere ja an der Kunsthochschule und da bin ich viel im Fotolabor und habe auch schon sehr experimentell gearbeitet – auch mit solchen Familien-Dias. Ich glaube, das spiegelt ganz gut wider, mit was ich so arbeite, was ich bin.

Oh Gott, das ist ja süß.

Ja, das ist die Kette meiner Oma, ein Erbstück. Die Postkarte mit der Venus von Botticelli bekam ich als Kind. Das Motiv hat mich schon immer berührt, so dass ich es mir irgendwann tätowieren ließ.

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Dann direkt mal ein Themenwechsel: Wo findet man dich am Wochenende – außer in Bergedorf?

Ich bin am Wochenende nicht wirklich in Bergedorf. Ich habe eine Leidenschaft für Hip Hop und Deutschrap und die letzten Wochenenden war ich im Kleinen Donner, bin aber auch im Grünen Jäger unterwegs und zu ganz bestimmten Partys auch im Übel & Gefährlich. Jo, genau.

Im Mojo auch mal? Ich meine, da ist auch öfter was.

Da bin ich eher zu Konzerten. Ich meine das letzte Konzert war Miss Platnum. Neben der Großen Freiheit daneben ist auch noch einer, hm, ich komme nicht auf den Namen, da sind auch öfter gute Konzerte.

Was bringt dich denn so zum Lachen?

(Sie lacht. Doll.) Unsinn. Ich glaube, man kann mit mir ganz gut über ziemlich viel Unsinn reden und ich mag es total gerne, wenn jemand darin einsteigt und man sich etwas zusammenspinnt und wenn dann etwas ganz Überraschendes kommt. So was ganz Absurdes. Da kann man am meisten lachen.

Wo würdest du denn gerne mal hin verreisen?

Ich möchte unbedingt mal nach Irland! Ob alleine, mit Freundin oder Partner, kann ich mir alles vorstellen.

Ich bin ja selbst immer noch ein bisschen skeptisch, ob ich auf alleine Reisen so Bock hätte. Es gibt ja ein paar Sachen wie Konzerte oder Kino, da hat man immer nicht so Lust das allein zu machen, wobei ich inzwischen beides ganz gut kann, aber Reisen …

Das ist bei mir auch erst mit dem Alter gekommen. Dass man irgendwo alleine hingeht, ergibt sich ja meistens gar nicht so, weil dann doch immer Leute mit dabei sind. Aber theoretisch finde ich es nicht mehr schlimm.

Die Frage hab ich mir jetzt aus Berlin abgeguckt, die fand ich ganz charmant: Stell dir vor dein Leben ist ein Filmgenre, welches wäre es?

Puh, das ist schwer. Gib mir mal ein paar Genres.

Horrorfilm, Thriller, Krimi, romantische Komödie (alle lachen), Komödie, Coming-of-Age-Film, Katastrophenfilm …

Das ist so eine Frage: Erstens wurde ich die noch nie gefragt, zweitens habe ich mir da noch nie drüber Gedanken gemacht. Aber gib mir kurz einen Moment … Komsicherweise, das erste, an was ich gedacht habe, war ein Schwarzweißfilm.

Ein Stummfilm?

Nee, gar nicht mal stumm.

Mehr wegen der Ästhetik?

Ja, und auch irgendwie wegen der Art, wie sich dort bewegt wird. Es ist ja so rasant geschnitten und dann erscheinen immer mal wieder kurze Texte und es wirkt ganz schnell und alles so … schwierig zu beschreiben, aber ich glaube, das könnte es sein.

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Suchst du einen bestimmten Typ Mann?

Ich glaube, dass die meisten diese Frage mit Nein beantworten, aber wenn ich mir überlege, was mir wichtig wäre, an meinem Partner? Hmm. Ich bin so ein Mensch, ich habe unglaublich gerne viel Spaß und mach ganz viel Blödsinn, aber ich mache auch gerne kleine Dinge. Im Sommer einfach mal mit dem Rad durch die Gegend fahren, gerade in Bergedorf ist es besonders schön. Ich kann mich dann auch einfach mal hinsetzen und alles auf mich wirken lassen. Gerade wenn ein Tag ist, wo so kleine viele schöne Dinge passieren, halte ich auch gerne mal inne und grinse so vor mich hin und sage „Ach, ist das schön“. Ich kann mich einfach gut über Dinge freuen, und seien sie noch so klein. Und ich würde mir wünschen, dass derjenige das auch mit mir kann.

Wenn du deinen absoluten Lieblingsort benennen müsstest, wäre das eine Bibliothek?

Nein, mein Lieblingsort ist der richtig geile Sessel bei mir zu Hause. Weil ich mir in meiner Wohnung einen Ort geschaffen habe, der voll von Erinnerungen und voll von Gedanken ist. Es ist wie so ein kleines Nest, es umgibt mich einfach. Es ist alles da, es hängt alles an der Wand und ich kann es mir immer angucken. Und dann sitze ich gerne auf besagtem Sessel, der schon so ähnlich ist wie die Couch hier, und kann mich darüber richtig freuen. Mein Couch zum Beispiel wurde von meinem Ur-Ur-Urgroßvater selbst gebaut, mit geschnitzten Löwenköpfen daran.

Echt? Klingt so ein bisschen nach Afrikanische Königin hält Hof.

Nein, nein. Es ist aber schon ein bisschen herrschaftlich. (Sie lacht) Und es ist schon super alt, aber total gemütlich.

Gibt es etwas am Prozess des Datens, das dir unangenehm ist oder weniger gut gefällt?

Am unangenehmsten ist mir der Teil, wenn man sitzt und erzählt und trinkt, und in meinem Kopf macht es klick und ich weiß: Das wird nicht funktionieren. Und wie sag ich ihm das jetzt? Beziehungsweise: Es kann natürlich auch umgekehrt so sein. Bei mir setzt dann so ein schlechtes Gewissen ein. Aber bisher ist es so, dass die Dates auch immer nett waren. Es ist nicht so, dass ich laufend Dates habe, aber dann waren es meist schöne Abende. Ob da nun etwas daraus wurde oder eben nicht.

Was ist umgekehrt der Zeitpunkt, auf den du dich am meisten freuen würdest?

Am schönsten finde ich die Momente, wo man sich verabschiedet und weiß: Okay, man will sich auf jeden Fall wiedersehen. Man sagt sich Tschüss, man guckt sich in die Augen und dann ist ganz klar: Ja, man sieht sich noch mal wieder.

In meiner eigenen Erinnerung überwiegen eher diese verstörenden Hm-was-denkt-sie?-Momente, von den anderen gibt’s nicht so viele.

Ach, du meinst so eine Unsicherheit?

Ja, oder ich verabschiede mich und beuge mich zum Umarmung, na, oh, wird es noch etwas anderes? Nein, es bleibt die  Umarmung. (Kollektives Lachen.) So ungefähr.

Wäre „schüchtern“ eines der Top-Drei-Adjektive, mit denen du dich beschreiben würdest?

Komischerweise eigentlich nicht. Ich bin sehr offen und gehe gerne auf Leute zu, aber wenn mich jemand kennenlernen will, bin ich eine gewisse Zeit erst mal zurückhaltend. Da ist aber gar nicht so schwierig. Ich glaube einfach, man muss mich erst mal knacken.

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Was findet man immer und jederzeit in deinem Kühlschrank?

Oh, das ist eine sehr gute Frage. Ohne Mist, das weiß ich sofort!

Nagellack?

Nein, ich besitze nur zwei und die sind auf jeden Fall nicht im Kühlschrank. Da sind so kleine Becher Naturjoghurt, die ich immer da habe. Immer! Es kann alles ausgehen, aber ich habe immer Naturjoghurt. Und wenn der weg ist, dann geht’s mir nicht so gut. Denn den kannste ja wiederum mit allem essen. Da kannste Früchte rein machen, Marmelade, Nüsschen und den kannst du immer essen. Oh Gott, was sagt das jetzt über mich aus?

Dass du auf Milchprodukte stehst und gerne frühstückst. Was ist dein liebstes technisches Gerät? Das ist übrigens ein Probierfrage, ich hoffe, dass du nicht sagst Smartphone, dann streich ich sie wieder.

Oh nee, an das habe ich jetzt gar nicht gedacht. Das ist eher mein Wasserkocher. Ich trinke unheimlich gerne Tee. Also, solltest du noch fragen wollen, was mich glücklich macht: Tee. Dadurch ist der Wasserkocher halt den ganzen Tag in Benutzung.

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Über was kannst du dich so richtig ärgern?

Mir wurde mal gesagt, ich werde Anwältin. Ich hatte schon immer in mir, dass ich mich für Leute einsetze, die ungerecht behandelt werden. Und auch wenn mich das bei anderen manchmal gar nichts angeht, fällt es mir manchmal schwer, mich zurückzuhalten.

Was ist etwas, das du nicht so gut kannst?

Streiten. Ich kann mich nicht gut streiten. Was nicht immer positiv ist. Ich merke einfach, dass mir das nichtgut tut, weil ich dann auch nachgebe oder schlichte oder einfach sage: „Ja ist gut, nicht so schlimm.“ Ich glaube, dass ich dem mittlerweile versuche entgegenzugehen, weil ich auch immer sehr ehrlich bin. Und wenn ich merke: Okay, das könnte jetzt zu einem Streit führen, versuche ich einfach schon vorher zu sagen: Hey, ich sehe das so und so und versuche schon vorher das Gespräch zu suchen.

Was ist das beste Geschenk, dass du je bekommen hast?

Seit meinem neunten oder zehnten Lebensjahr bin ich großer Michael Jackson-Fan. Und als ich zwölf war, haben meine Eltern mir Karten für ein Konzert geschenkt. Seine letzte wirklich große Tour. Ich weiß nicht wie sie hieß, aber wo alles in Gold war und er mit einer riesigen Rakete auf die Bühne gestartet ist und auch noch wirklich fit war und gut aussah. Ich war ganz hinten und noch relativ klein und musste alles mit einem Fernglas beobachten. Meine Eltern haben mir das damals geschenkt, indem sie mir einen Brief formuliert haben, der von ihm kam und in dem er mich angesprochen und eingeladen hat. Und klar, ich war zwölf und hätte das begreifen können, aber ich habe habe mich der Illusion so hingegeben. Und dass ich das erleben durfte, davon zehre ich heute noch. Ich bin meinen Eltern noch immer dankbar, dass ich das erleben durfte.

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Aber keine Sorge. Mehr Mädchen aus Hamburg gibt es hier.

Maria und Daniel sind der neue Stern am Hamburger Text- und Bildhimmel. Als Yoga-Junkie bearbeitet Maria ihre Bilder gern im Spagat und ist nach Feierabend auch mal nah am Wodka gebaut, während Daniel beim Trinken immer an die Elektrolyte denkt und am liebsten eine Ping Pong Bar aufmachen würde. Beide halten den Pudel für Hamburgs größte Kulturinstitution und brennen darauf, euch die Hamburger Herzen zufliegen zu lassen. Wäre ja gelacht, wenn unser Power Tag-Team of Love das nicht schafft!