Gesucht: Social Media Manager für Singles
Dein Profil:
– Mind. 2 Jahre Erfahrung im Bereich soziale Medien als Single
– Ausgeprägtes Gespür für Trends und Selbstinszenierung
– Aktive Kontakte zu attraktiven und interessanten Menschen aus allen hippen Bereichen
– Eine gute Schreibe und sicherer Umgang mit allen erogenen Zonen
– Digital Native
– Organisationstalent und Leidenschaft für schöne Menschen
– Verhandlungssicheres Englisch
– Strukturierte Arbeitsweise
– Vorteilhafte Inszenierung von Selfies
– Kreative Schreibe und Verve
Klingt nicht nach dir? Darauf willst du dich nicht bewerben? Oder hakst du jeden der Punkte ab und denkst dir: Alter, das schaff ich doch mit links. Gut so! Denn das ist genau was wir alle jeden Tag meistern müssen. Ob du es glaubst oder nicht: Du passt perfekt auf die Stelle, denn du füllst sie schon aus.
Als Single sind nämlich alle Social Media-Kanäle ganz plötzlich das Aushängeschild für deine digitale Sexyness. Bevor du jetzt wegklickst und beschämt dein Instagram-Profil nach besoffenen Schnappschüssen durchsuchst oder den Post von Mutti auf deiner Wall löschst, lies bitte weiter. Man hört so viel darüber, dass soziale Medien und Beruf kollidieren, diskutiert die Grenzen der Privatsphäre und zensiert sich selbst vor Arbeitskollegen mit dem Ergebnis, dass wir aus der digitalen Kuscheligkeit eine Idealpersönlichkeit heben, die wir online von uns zeichnen. Wir sind die Generation Selfmarketing, Hobbymodels, Photobooth-Schlampen, branden uns ohne es zu merken und als Head of Communication der Unternehmung urbaner Lifelstyle ist jede unserer Statusmeldungen eine kleine Pressemitteilung an unsere Facebook-Buddies, jeder Tweet eine Positionierung im sozio-kulturellen Onlinefreundeskreisdiskurs.
Denkt man jetzt aber darüber nach, dass potentielle Paarungspartner da draußen dein so professionell aufpoliertes Online-Ich erstalken, dann kann einem schon mal klamm werden. Ich will jetzt weder auf Selbstoptimierungsweisheiten hinaus, noch will ich was von „verhalte dich ganz natürlich“ erzählen, weil beides nicht zielführend ist. Überhaupt haben unsere Online-Profile ja weder ein konkretes „Ziel“ noch sollen sie zu irgendwas „führen“. Sie sind vielmehr der ständig gepflegte Pups in den digitalen Äther, das guilty pleasure unserer, vom Smartphonebildschirm verränkten, Tippfingerchen. Sediment um Sediment, tagesaktuell oder zeitlos komisch, kommunizieren wir immer eleganter in den verschiedensten Kanälen kleine Pointen aus unserem Leben und posaunen hinaus, was uns einfällt, um die Reste von Work-Life-Balance vom Platz zu verweisen. Unser professionelles Ich und unser digitales sind längst eine große Koalition eingegangen, die auf eine Fusion hinausläuft. Ob man das jetzt post-strukturalistisch vom Schreibtisch aus psychologisiert (wie im lesenswerten Essay von Mirna Funk im Iloveyou Magazine) oder einfach galant als Tücken und Notwendigkeiten des Zeitgeists akzeptiert, ist erstmal egal – es gibt ohnehin kein Entrinnen. Als selbsternannte Facebook-Stars macht es uns nichts aus, wer unsere digitalen Ergüsse liest. Die Projektionsfläche ist einfach zu groß, viele der Kanäle einfach zu stark auf Feedback in Form von Likes jeder Art getrimmt, als dass wir ohne den Zuspruch von Bekannten und Freunden durchhalten könnten.
Jetzt stell dir aber vor, dass jemand bei dem du dir auf einer Party sofort einen üblen Crush einfangen würdest, deine Social Media-Performance auscheckt. Die digitale Blöße will man sich eigentlich nicht geben, oder?
Der Umbruch von einem Modus in den anderen wird vielleicht am ehesten spürbar, wenn man vorher noch im sicheren Hafen einer Beziehung durch die soziale Medienschlandschaft geschippert ist. Ist der Anker erstmal eingeholt und man schifft auf rauer See, wollen sie einen plötzlich von allen Seiten entern.
Gibt es einen Grund warum ich die Apps für Facebook, Instagram, usw. in einen Ordner tue und Grindr, Scruff und Gayromeo in einem anderen landen? Soziale gegen homo-soziale Netze? Eigentlich totaler Unsinn, weil – bis auf die Funktion das ganze willige Fleisch im Radius anzeigen zu lassen – in beiden Ordnern immer wieder geflirtet wird. Vielleicht ist der Typ aus Portland, der mein Bild auf Instagram kommentiert, nicht wirklich für ein Sexdate oder auf ein Bier am nächsten Abend zu haben, aber Süßholz raspelt‘s überall. Lustig wird es, wenn professionelle Kontakte einen auch auf anderen Plattformen anschreiben und der Tonfall (plattformentsprechend) ein anderer wird. Vorbei ist‘s mit den besten Grüßen, auf dem Markt sind wir alle gerne Schlachter frischen Fleisches. Die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen mitten in die Fresse geknallt, realisieren wir, dass die Mär von der professionellen Kommunikation nur schwer aufrecht zu erhalten ist. Die Distanz dahin, der Respekt hoffentlich nicht.
Bevor du jetzt in den Tab neben diesem hier abzischst und schaust, was in den wenigen Minuten Lesezeit dieses Textes so auf Facebook passiert ist, noch mal der Appell: Wenn wir unsere Profile jetzt auch noch fürs Flirten optimieren, uns darüber Gedanken machen, ob ein Post a) professionell angebracht ist, b) vor der Familie funktioniert, c) nicht die falschen Freunde vor den Kopf stößt und d) auch sexy genug ist, dann sollten wir aufhören zu tippen, alle elektronischen Geräte ausschalten und uns nur noch auf direkte Kommunikation beschränken. Wenn jemand dich wirklich mag, verzeiht er dir auch, dass du Katzenvideos repostest und #instadaily nur einmal im Monat benutzt.
Du bietest nämlich:
– Anspruchsvolle und vielseitige Gesprächsthemen
– Flache Hierarchien mit hohem Kuschelfaktor
– Offenes, junges und ehrgeiziges Leben
– Langfristige Entwicklungsperspektive
– Flexible Strukturen, Offenheit für neue Ideen und die Möglichkeit zur individuellen Gestaltung
– Und vor allem: dich
Headerbild: illustriert von Elena Anna Rieser.