Die Berliner U-Bahnen sind von Menschen bevölkert, die mit konzentriertem Blick auf ihr Handy starren, als würde ihnen dort die Weltformel entgegen leuchten. Wenn ich solche Leute sehe, muss ich oft an Edward Norton denken, der in dem Film Birdman schreit: „Kommt schon, Leute, seid nicht so erbärmlich. Hört auf, euch die Welt durch Handydisplays anzusehen.“ Das ist eine Meinung, der man nur zustimmen kann – eigentlich – denn was soll ich sagen, ich bin wie sie.
Sobald ich eine U-Bahn betrete, spüre ich diesen Impuls. Ein Impuls, der so stark ist, dass mir nach einem Blick auf meine Hand auffällt, dass ich bereits dabei bin, den Code einzutippen.
Es ist so: Die meisten von uns führen ja praktisch ein Doppelleben. Sie bewegen sich in zwei Welten, in der realen und der virtuellen Welt. Auf den Displays unserer Smartphones nehmen wir die Welt durch Filter wahr. Filter, die Facebook, Instagram oder tumblr heißen und unseren Blick verzerren. Auf sozialen Netzwerken wird man mit den Höhepunkten verschiedener Leben überschüttet, als würde man sich Fotoalben ansehen, deren Inhalt ja auch eine Aneinanderreihung glücklicher Momente ist, von denen man nicht all zu sehr auf die Wirklichkeit schließen kann.
Natürlich ist es schon aussagekräftig, was manche Menschen so als Höhepunkte ihres Lebens betrachten. Was ihren Freunden zeigen soll, dass ihr Leben in Bewegung ist, dass in ihrem Leben aufregende Dinge geschehen.
Aber vielleicht ist die Beliebtheit solcher Bilder nur folgerichtig. Soziale Netzwerke kultivieren schließlich unseren Narzissmus. Sie sind „Ich-Booster“, wie es der Spiegel einmal so schön geschrieben hat. Wir sind eine Generation von Selbstdarstellern. Auf sozialen Netzwerken zeigen wir uns nicht, wie wir sind, wir zeigen uns, wie wir gesehen werden möchten. Wir stellen uns dar. Wir inszenieren uns.
So gesehen sind wir auf sozialen Netzwerken von Illusionen umgeben, einer überzeichneten Wirklichkeit, deren Ansprüchen wir nicht gerecht werden können, weil wir nun mal keine mit Photoshop bearbeiteten Gesichter haben, und unsere Leben keine endlose Aneinanderreihung von Höhepunkten ist. Aber irgendwann stoßen Illusion und Wirklichkeit dann doch mal aufeinander. Das kann sehr ernüchternd sein.
Zum Beispiel auf einem Date.
Ich kenne einen Mann, der wochenlang mit einer Frau gechattet hat, bevor er sie zum ersten Mal traf. Das gehört auch zu den Dingen, die ich nie verstehen werde. Dieses endlose Chatten, bevor man sich trifft. Es ist zeitaufwändig, und sagt so viel weniger aus als ein Telefonat. Wenn sich das Bild eines Menschen nur aus Fotos und Nachrichten zusammensetzt, kultiviert man schnell eine Illusion von ihm. Man projiziert eine Idealvorstellung auf die Person. Die Stimme der Frau oder die Art, wie sie sich gibt, sind ja Facetten, die schon sehr wichtig für ein Gesamtbild sein können. Dass auch die Facette, jemanden mal nicht aus der perfekten Kameraperspektive zu betrachten, dazugehört, war mir gar nicht so klar – bis mein Bekannter mir von ihrem Treffen erzählte.
„Scheiße,“ sagte er betroffen, als er mir am folgenden Tag davon berichtete. „Ich hab sie zum ersten Mal ohne Instagram-Filter gesehen.“
Oh, dachte ich.
„Ich hab sie zuerst gar nicht erkannt“, fügte er verzweifelt hinzu. „Und dann hat sie auch noch angefangen zu reden.“
Ein Gesamtbild fügte sich offensichtlich zusammen. Man muss dazu sagen, dass die Frau sehr viel sprach. So viel, dass mein Bekannter ihrer Rhetorik gnadenlos ausgeliefert war.
„Hättet ihr mal vorher telefoniert“, sagte ich.
Es gibt ja diesen wundervollen Satz, dass man den verschwommenen Rand um das Display unseres Smartphones Leben nennt. Ein Satz, den immer weniger Leute zu empfinden scheinen. Die Gewichtung hat sich bei vielen zugunsten der virtuellen Welt verschoben. Und sie verschiebt sich immer mehr. Die virtuelle Welt nimmt in unserem Leben immer mehr Raum ein. Wir haben keine Zeit mehr, wir müssen tindern, instagrammen, facebooken oder Mails beantworten. Irgendetwas ist immer. Wir kommen nicht zur Ruhe. Problematisch ist nur, wenn man deswegen den verschwommenen Rand um das Smartphone übersieht. Das wahre Leben.
So ging es meinem Bekannten Majo vor einigen Monaten, nur dass er in diesem Fall das wahre Leben war. Tragischerweise. Er war mit Sophia zu ihrem ersten Date verabredet. Ein erstes Date, das auch ihr einziges bleiben sollte. Und zwar aus guten Gründen.
Weil ich wusste, dass sie sich um 20 Uhr im Hundertwasser in Berlin-Friedrichshain trafen, überraschte es mich schon, als Majo mich um 20:17 Uhr anrief.
„Und, wie war’s?“, fragte ich.
„Das war das Allerletzte“, sagte er. „Ich hab nach fünf Minuten abgebrochen.“
„War also ein klassisches Fünf-Minuten-Date“, lachte ich.
„Sozusagen“, erwiderte er und erzählte, dass bei ihrer Begrüßung auch noch alles in Ordnung war. Das änderte sich allerdings, als sie sich setzten, und die Frau ihr Handy auf den Tisch legte, das pausenlos vibrierte.
„Warte mal“, sagte die Frau und tippte eine kurze Nachricht, bevor ihr Handy erneut vibrierte.
„Was klingelt denn dein Handy ununterbrochen?“, fragte Majo ungeduldig.
„Ach, das ist nur Facebook“, sagte sie, während sie weiter tippte. „Und Tinder.“
Wie bitte, dachte Majo und stand langsam auf. Dann sagte er: „So, ich muss dann mal los“.
„Was?“, rief Sophia aufgebracht. „Lässt du mich jetzt hier alleine sitzen?“
„Na ja“, sagte er mit einem Lächeln. „Allein bist du ja nicht wirklich.“
Sophia ist ein gutes Beispiel dafür, wo die Reise hingeht. Laut einer Studie halten nur noch ein Drittel der Teenager das persönliche Gespräch für die angenehmste Form der Kommunikation. Ihr Kommunikationsverhalten hat sich verändert, sie schreiben lieber Nachrichten oder nehmen Voice-Mails auf, als direkt miteinander zu reden.
Als der sechzehnjährigen Tochter eines Freundes vor ungefähr einem Monat ihr Handy auf den Boden fiel und das zersplitterte Display nicht mehr funktionierte, reagierte sie, als hätte man ihr ein lebenswichtiges Organ entfernt, und zwar ohne Narkose. Es war praktisch ein Nahtoderlebnis.
Wenn unser Blick über die Facebook-Streams unserer Freunde hastet, haben wir nur den Eindruck, an ihrem Leben teilzunehmen. Wir beobachten sie aus der Ferne, aus der Distanz, und verwechseln ein Like oder einen Kommentar unter einem neuen Foto damit, uns in ihr Leben eingebracht zu haben. Man vergisst dabei schnell, dass es Zeit ist, die man nur mit sich selbst zubringt, und nicht mit anderen. Und letztlich verpasst man damit die Momente, auf die es wirklich ankommt. Die wertvollen Momente, an die wir uns später erinnern. Die Augenblicke, auf die es ankommt, finden nun mal statt, wenn Menschen sich begegnen. Das sind die Dinge von Bestand.
Man sagt ja, man soll sich einfach nur vorstellen, einem läuft die Liebe seines Lebens über den Weg, aber man nimmt sich nicht wahr, weil man mit konzentriertem Blick auf sein Smartphone schaut. Kein Bild symbolisiert die Gelegenheiten, die wir verpassen, besser.
Die Frage ist natürlich, ob man sie angesprochen hätte, die große Liebe. Wahrscheinlich nicht. Aber man hätte sie zumindest wahrgenommen. Und das auch noch ohne Instagram-Filter.
Und das ist ja schon mal ein Anfang.
Fun Fact: Michael Nasts neues Buch Generation Beziehungsunfähig könnt ihr jetzt schon vorbestellen, da findet ihr noch mehr zu diesem Text. Den ersten steilen Schinken gibt es schon etwas länger auf dem Markt.
Headerfoto: Jernej Graj via Unsplash.com (Gesellschaftsspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür.
Wenn man sie mag, die Geschichten hinter den Klischees, sollte man sie vielleicht erzählen.
Nicht nur, dass Nast schlecht schreibt und so an der Oberfläche verhaftet bleibt wie Daumen über Smartphones wischen, es ist auch noch kulterpessimistischer und -reaktionärer Eintopf, den er schreiberisch aufwärmt – zugegeben mit einer eigen hinzugegebenen Einfälltigkeit
Lieber P,
hälst du es nicht selbst für einfältig in einen so beleidigend formulierten Kommentar auch noch einen so gravierenden Rechtschreibfehler einzubauen?
Die Beobachtungen sind zwar nett umschrieben und mit Gästebuchbildersätzen und Jedermann-Beispielen bestückt, aber was können wir außer „Get a life“ mitnehmen? Geht raus spielen, das haben schon die Eltern eines jeden Kindes gerufen. Es sei denn, es ist Krieg.
Welche neuen Erkenntnisse können wir daraus ziehen, gesamtgesellschaftlich, psychologisch. Was sind die Gründe? Das alles habe ich schon hundert Mal gelesen, seitdem der Trend erkennbar war, aber weder hat sich in den Köpfen der Leuten auf der einen noch auf der anderen Seite des Displays verändert.
Sehr passender Kommentar. Für mich nur das Herumreiten auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner der 20-35 Jährigen die sich für schlauer als der Rest halten, weil sie in Berlin wohnen und irgendwas studiert haben.
Liebe iPhone-Liebhabern,
ich lese Eure Zeilen irgendwie wie ein Märchen; neugierig, enthusiastisch,aber auch verunsichert, ob es doch die Wahrheit ist…aber es macht mich nicht mehr traurig…
Am meinen 35-sten Geburtstag kam ich wegen einer privaten Ausbildung aus Budapest nach Deutschland – es war Ende November 2008 – und paar Tagen später kaufte ich mir mein erstes und bis dato letztes deutsches Händy für 24 Euro. Ein -pervers betrachtet- echtes Schmuckstück aus der Steinzeiten.Es gab natürlich Zeiten, wo ich mein Baby mit total viel Scham(warum eigentlich?) aus der Tasche rausholte, oder gar nicht ranging…es kostete mir viel Leiden, bis ich damit umgehen konnte. auf dem Weg dahin gewann ich die schönsten, schmerzhaftesten, berührendsten Erfahrungen der Schwächen und Größen meines Lebens; dafür gibt es hier keinen Platz, zu entfalten oder es gibt dafür keine Wörter…
kurz und knapp, es ist immer empfehlenswert, mit diversen Apropos gegen des Windes zu pissen und uns freiwillig in – mindestens am Anfang – unangenehmen Situationen zu bringen.die daraus gewinnbaren Horizonten sind gar nicht ein/unterzuschätzen!a
Ich bin soooo froh, frei, und entspannt, ohne iPhone leben zu können und dürfen!!!
Empfehlt sich
Hannah
P.S.: sorry wegen der Fehlern…:-)
Alte Kommunikationswege fallen durch die digitale Welt zwar nicht komplett weg, aber sie werden weniger genutzt als vorher.
Beispiel: Wir sitzen in einer Bar und es läuft ein toller Song. Anstatt den Barkeeper zu fragen welche Platte gerade läuft, wird das Handy gezückt und Shazam gestartet. Glücklicherweise kam ein Freund Shazam zuvor und fragte den Barkeeper persönlich, wodurch sich ein echt nettes Gespräch über den Künstler ergab.
Und das ist nur ein Bsp. von vielen….
Mich persönlich macht es auch immer wieder wahnsinnig die Menschen statt in ein Buch vertieft in ihr Handy starren zu sehen.
Facebook ist bei mir auch schon länger weg vom Fenster … die Menschen, an denen ich ernsthaftes Interesse habe, rufe ich an – oder schicke meinetwegen auch eine Nachricht oder Sprachnotiz.
Dass Smartphones so einige Vorteile mit sich bringen, ist keine Frage.
Sprachnotizen sind definitiv ein toller Vorteil! Denn die Stimme meiner besten Freundin, die gerade in Australien ist, würde ich sonst wohl nur ein Mal alle zwei Wochen hören.
Instagram ist auch seit einiger Zeit kein Bestandteil mehr meines Lebens…. nachdem ich immer wieder feststellte wieviel Zeit ich doch damit verschwendete ein Foto zu schießen (mit mind. 5 Versuchen, egal von was), um es dann zu bearbeiten, um es dann zu „taggen“, um es dann zu posten – natürlich mit dem Ziel möglichst viel Anerkennung durch likes und follower zu bekommen…. Nein, danke, das habe ich nicht nötig.
Dann gehe ich doch lieber mit meiner Einwegkamera vor die Tür und freue mich 100 x mehr über die Schnappschüsse, die dabei raus kommen, als über ein perfektes Instagram-Bild.
Ich führ meinen Teil fühle mich viel entspannter und stressfreier ohne diese digitale Welt – und habe mehr Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens!
Du hast so Recht, Franzi !!!
Schade ist allerdings nur, dass die meisten Barkeeper einem mittlerweile mit „Keine Ahnung was gerade läuft, guck mal über Shazam nach“ antworten …
Man kann übrigens das Smartphone auch zum Lesen verwenden. Ist ganz einfach, App drauf, Buch drauf, los gehts, spart Platz in der Tasche.
@Tinuqin ein sehr schöner Kommentar.
Ich empfehle dem Autor ein wenig bei danah boyd und souza.silva „from cyber to hybrid“ nachzulesen. Das erweitert dann das Spektrum. Und zum Pessimismus: „Standartsituation der Technologiekritik“ … so far.
Artikel wie Dieser lösen bei mir immer ein großes Kopfschütteln aus.
Technik-Pessimismus und Social-Media-Verdruss sind ja jetzt das ganz große Ding, aber wie die meisten dieser Artikel ist auch dieser voller Annahmen, Verallgemeinerungen, Fehlschlüssen und unrealistischer Erwartungen.
Ich persönlich kann zum Beispiel dem Birdman-Zitat überhaupt nicht zustimmen. Nun, vielleicht würde ich mir die Welt nicht durchs Handydisplay anschauen, wenn das in diesem Ausmaß möglich wäre. Aber: Mittags mit Freund_innen aus drei verschiedenen Städten über einen Zeitungsartikel diskutieren? Nachmittags die Tierwelt des Amazonas bewundern? Abends mit meiner Schwester sprechen, die nicht telefonieren kann, weil das Baby schon schläft? Das Handy ist in allen diesen Dingen eine Bereicherung.
Die U-Bahn. Nunja, was soll man da auch groß machen? U-Bahn fahren ist nunmal langweilig. Und dass die Leute diese Zeit nicht nutzen, um mit fremden Menschen zu kommunizieren, ist nun wahrlich kein neues Phänomen: http://imgur.com/E6Z8sI6. Natürlich kann man stattdessen auch ein Buch lesen, oder einfach Löcher in die Luft starren. Aber – zumindest für mich – ist es dann doch weitaus interessanter, zu lesen, was meine Freunde gerade so beschäftigt. Wenn so eine wichtige Verbindung zu Menschen, die mir lieb sind, plötzlich abgeschnitten ist, weil das Handy-Netz nicht reicht – natürlich fehlt da was. Dieses Symptom kann man aufschlussreich finden (für was eigentlich?), ich finde es vollkommen nachvollziehbar und überhaupt nicht überraschend.
Was mich immer wieder wundert, ist das Abtrennen der „digitalen Welt“ von der „echten Welt“, denn für mich besteht diese Trennung nicht, es ändert sich lediglich die Darstellungsform. Wie der Unterschied zwischen einem Konzert und einer CD, einem Fußballstadion und Sky Bundesliga. Niemand kann ständig auf Konzerte gehen und pausenlos im Stadion rumhängen. Genauso wenig kann ich jeden Nachmittag mit meinen Freund_innen im Café verbringen und jeden Abend meine Familie zu mir einladen. Man nimmt, was man kann.
Und genauso ist die „digitale Welt“ nicht mehr oder weniger gefiltert als die „Echte“. Wer auf Facebook nicht seine persönlichen Probleme preis gibt, tut dies auch nicht bei der Kaffeepause mit seinen Arbeitskollegen. Dafür gibt es schließlich Einzel- oder Gruppenchats, oder eben einen Couchabend zu Hause. Und wenn du deinen Freunden die Fotos vom letzten Urlaub zeigst (im „echten Leben“! Womöglich sogar als Diashow oder auf Fotopapier), zeigst du auch nicht jeden missglückten Shot.
Woher die Annahme kommt, dass auf Facebook oder Instagram nur „Höhepunkte“ gezeigt werden, ist mir auch schleierhaft. Natürlich haben auch Höhepunkte dort ihren Platz, aber auch alltägliches – und auch das sehe ich von Menschen, die mir wichtig sind, sehr gerne. Genauso wie Selfies, übrigens. Weil sie meinen Freund_innen die Möglichkeit geben, sich genau so zu zeigen, wie sie gesehen werden wollen, und mir das als ihre Freundin natürlich sehr wichtig ist. Nicht so viel anfangen kann ich mit den Essensbildern. Ist aber ganz einfach: Wenn Leute nur Bilder von Essen posten, folge ich ihnen nicht. Zumindest nicht auf Instagram. Kann mich ja keiner zu zwingen. Wenn ich meinen Instagram-Stream betrachten würde, und mir dabei Worte in den Sinn kämen wie „Ein Drama der Mittelmäßigkeit“ – Holla! Dann würde ich aber ganz schnell anderen Leuten folgen, oder die App von meinem Handy löschen.
Zu den zwei Date-Anekdoten sage ich mal nicht so viel. Zwei missglückte Dates, mann mann mann. Ich hoffe, deine Freunde haben den Glaube an die Liebe noch nicht aufgegeben.
„Nur“ noch ein drittel aller Teenager „halten das persönliche Gespräch für die angenehmste Form der Kommunikation.“ Das ist so eine Behauptung ohne Quellenangabe, aber mich würde persönlich ja vor allem interessieren, ob das mal anders war – wobei eine solche Statistik aus Mangel an Alternativen vermutlich schwer durchzuführen wäre. Als ich ein Teenager war, gab es noch keine Smartphones, aber persönliche Gespräche waren für mich als schüchternes und etwas seltsames Mädchen eher furchterregend. Telefonieren übrigens noch mehr! Wer also vor einem Date mit mir unbedingt telefonieren wollen würde, könnte sich das Date gleich ganz abschminken. Glücklicherweise gibt es für Teenager_innen, die ähnlich awkward sind wie ich damals, heute Alternativen.
Social Media ist eine Erweiterung unseres Kommunikationsspektrums, alte Kommunikationswege fallen dadurch aber nicht weg, daher kann ich den Pessimismus dieses Artikels nicht nachvollziehen. Genauso wie ich nicht gerne telefoniere, kann es auch durchaus sein, dass manche Menschen eben Facebook nicht mögen. Müssen sie dann ja nicht nutzen. Das deshalb das Medium an sich in Frage gestellt und das Ende aller sozialer Kontakte herbeibeschworen wird, wirkt auf mich wie blanke Polemik und Schwarzmalerei. Ich rate dem Autor, vielleicht mal wieder ein paar Freunde anzurufen. Ich les solange Twitter.
Vielen Dank für diese tolle Gegenüberstellung.
Als ich zuerst den Artikel des Autors las, dachte ich: „Ja, der Mann hat recht. Unser Kommunikationsbewusstsein fällt der Kastration zum Opfer!“
Und auch der erste Satz dieser Antwort hier, zwang mich zu einigen Vorurteilen über unsere stetig anwesenden polemischen Besserwisser.
Jedoch muss ich sagen, hat diese Antwort hier durchaus ihre Berechtigung und ist nebenbei bemerkt sehr gut geschrieben!
Ich finde, ich bin nun eher in der Lage, beides gegeneinander aufzuwiegen und kann mir eine viel klarere und von mehreren Perspektiven durchleuchtete Meinung bilden, nämlich, dass sich unser Kommunikationswesen einfach verändert hat, wie bereits oben schon erwähnt wurde.
Es gab damals, in unserer analogen Welt. ähnliche Probleme, wie es sie heute gibt. Man kann sicherlich über vieles streiten, aber der Passus für die ältere Generation „früher war alles besser“ hält sich hartnäckig und wird auch so schnell nicht verschwinden.
Dennoch, vielen Dank für die tolle Ausführung!
danke!. spricht mir aus der Seele!
Ich gebe dir Recht damit, dass das Handy viele Chancen bietet (wie Langweile überbrücken, Schüchternheit kompensieren), aber auch Gefahren, nämlich eine zu starke Konzentration auf Social Media zu Lasten der face-to-face-Kommunikation.
Der Text meint denke ich nicht, dass das Kommunikationsspektrum generell reduziert wurde, sondern dass diese Konzentration andere Kommunikationswege zu sehr dominiert.
Das Thema soziale Netzwerke sehe ich auch eher als Belastung. Ich möchte an dieser Stelle aber eine Lanze für das Online-Dating brechen. Vor einigen Monaten habe ich mich erstmals in einem kostenlosen Dating-Portal angemeldet und dort wenige Tage später meine jetzige Freundin kennengelernt. Wir haben zwei Wochen über Whatsapp geschrieben, uns auf Anhieb gut verstanden und viele Gemeinsamkeiten entdeckt. An das erste Treffen denke ich noch heute mit einem Lächeln zurück. Wir haben uns 8 Stunden lang unterhalten und alles um uns herum vergessen. Diese Frau ist das Beste was mir jemals passieren konnte. Im „Real Life“ hätten wir uns mit hoher Wahrscheinlichkeit nie kennengelernt, obwohl wir im selben Unternehmen arbeiten und sie seit fast 8 Jahren nun wenige km entfernt von mir wohnt. Ich kann nur jedem empfehlen, sich nicht von den Vorurteilen und (zugegebenermaßen vllt. auch berechtigten) Berichten anderer zu Negativerfahrungen beeinflussen zu lassen. Meine Freundin und ich waren zum Zeitpunkt der Anmeldung auf diesem Portal beide gleichermaßen skeptisch, wurden aber positiv überrasch. Man muss es bloß richtig anstellen und seine Einstellung dazu überdenken.
Ich habe vor einiger Zeit die facebook-App von meinem Smartphone gelöscht und bin aus allen Whattsapp-Gruppen ausgetreten, in denen „nur“ geredet wurde, aber keine Treffen mehr zustande kamen. Der Grund war, dass ich irgendwie das Gefühl hatte, dass Freundschaften immer oberflächlicher wurden und aus Zeitmangel (oder was auch immer) hin und wieder mal eine nichts sagende Unterhaltung über Whattsapp gehalten wurde anstatt sich zu treffen. Dieses Rumgetippe auf dem Hany bringt mir nichts und nervt mich total. Da ich keine Lust hatte mich durch ellenlange Chatverläufe zu scrollen wenn ich dann doch mal mein Handy in die Hand genommen habe, gab es auch ständig böse und genervte Kommentare wenn ich irgendetwas „Gesagtes“ verpasst hatte.
Nun fühle ich mich besser, weniger gestresst aber auch isoliert. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mich vielleicht wieder häufiger an diesen virtuellen Gesprächen beteiligen soll weil es halt einfach die aktuelle Art der Kommunikation ist oder ob ich doch zufriedener bin wie es jetzt ist.
Sehr toll geschrieben! Und leider so wahr.
Inzwischen habe ich die iPhone-App von meinem Handy gelöscht, ertappe mich aber trotzdem noch dabei, ab und zu per Webbrowser unterwegs reinzuschauen.
Wenn ich FB nicht auch beruflich mit einer „Fanpage“ nutzen würde, wäre eine komplette Löschung des Accounts wesentlich einfacher. Was für eine Seuche…
Ach ja, das mit den Online-Dates habe ich auch alle schon erlebt ;-(