Wiedersehen im Land der Kamele: Von zweiten ersten Malen und purer Dankbarkeit anstelle von Liebe

Wenn ich das mit dir beschreiben müsste, so ist das Gefühl jetzt, zu dieser Stunde gerade, einfach nur Dankbarkeit. Aber ich muss tatsächlich erwähnen, dass es das momentane Gefühl ist. In der nächsten Stunde kann es kippen in Sehnsucht, Hoffnung, Herzschmerz oder in was ganz anderes. Es weiß zu überraschen. Wer weiß, als was es dieses Mal auftaucht. Aber gerade ist es Dankbarkeit.

Dankbarkeit, dich nach zwei Jahren voller Drama und Distanz wieder in dem Land vor mir zu haben, in dem alles begann. Dankbar, dich zu küssen – und wieder ein erstes Mal mit dir zu verbringen. Ein erstes Mal mit einem Körper und einem Charakter, die sich innerhalb der letzten zwei Jahre verändert haben. Mit einem Menschen, der mir zu Beginn unseres Wiedersehens fremd erscheint. Der mir mit reflektierten Antworten klar macht, dass er sich weiterentwickelt hat; erwachsener geworden ist.

Ich habe mich verändert. Und ich habe geglaubt, das würde nur mir zustehen.

Ich dachte immer, ich hätte dich in den letzten zwei Jahren irgendwie mitbegleitet und an deinem Leben teilgehabt. Aber in diesem Moment habe ich gemerkt, dass du deine Entwicklung völlig ohne mich gemacht hast. Du überraschst mich. Positiv. In allem. Und ich schäme mich etwas. Weil ich überheblich zu wissen glaubte, was mich bei unserem Wiedersehen erwarten würde.

Ich habe mich verändert. Und ich habe geglaubt, das würde nur mir zustehen. Ich hatte geglaubt, du warst zwei Jahre lang der Selbe und nur ich habe mich weiterentwickelt. Überheblich habe ich geglaubt, bzw. wohl vielmehr gehofft, wir würden aufeinander treffen und du wärst immer noch so wie damals und nur ich wäre reifer und erwachsener geworden.

Pah, was würdest du mir schon bieten können?! Ich würde feststellen, dass ich dich gar nicht mehr in meinem Leben brauchen würde und ich würde mich nach zwei Jahren endlich von dir loslösen können. Aber ich lag falsch. Auch du hast dich verändert.

Die Zeit zwischen uns

Und nach einigen Stunden merke ich: Ja, auch das Körperliche zwischen uns hat sich verändert. Es ist, wie unsere Gespräche auch, noch ehrlicher, noch tiefer, noch besser geworden. Leidenschaftlicher.

Diese absolute Hingabe habe ich so noch nie gespürt. Zittern vor dem – wieder – ersten Kuss, Herzklopfen, bei dem sich alles zusammenzieht, sodass es beinahe schmerzt, und jede Berührung, die auf der Haut ein Gefühl der Unendlichkeit hinterlässt, gekoppelt mit einem Kopf, der einfach absolut keinen klaren Gedanken mehr fassen kann.

Und so versinken wir ein letztes Mal in den Kissen, ich bitte dich, nie aufzuhören.

Danke, dass wenigstens du irgendwie Kontrolle über deinen Körper hattest – ich hatte nämlich keine… Das muss die Liebe sein, die in Gedichten und Geschichten und Lieder erwähnt wird. Genau so!

Und so verbringen wir drei Tage miteinander, in denen ich merke, dass es charakterlich ehrlich und wertschätzend ist, und wir irgendwie sehr tief miteinander verbunden, aber doch auch so grundlegend verschieden sind, dass es, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, keine Chance mit uns hat. Dass ich dir nicht das geben kann, was du brauchst, und du mir nicht das geben kannst, was ich brauche.

Und so versinken wir ein letztes Mal in den Kissen, ich bitte dich, nie aufzuhören; du hälst inne, lächelst schief und küsst mich dann voller Leidenschaft – um diesen Zustand der absoluten Hingabe und Ekstase wenige Minuten später doch mit einer unendlich liebevollen und zugleich starken Umarmung zu beenden und in dieser Position noch einige weitere Minuten zu verharren.

In mir fühlt sich alles so friedlich an.

Wir wollen uns nicht voneinander lösen, werden aber von der Realität eingeholt, kommen wieder zu Sinnen, beginnen, wieder klar zu denken und empfinden es dann als seltsam, so noch beieinander zu liegen. Wir werden jetzt doch nicht ganz unser Herz verlieren, nachdem wir geklärt haben, dass es das letzte Mal sein würde…?

Wir steigen noch schnell zusammen in die Dusche, du ziehst dich an, gehst zur Tür und küsst mich. Ich schlucke. „Thank you.“ Du fragst: „For what?“ Ich zucke mit den Schultern und wir lächeln. Du greifst nach meinen Händen, drückst sie, gibst mir noch einen kurzen letzten Kuss und gehst.

Und ich bleibe zurück, schließe die Tür, gehe zurück ins Zimmer und betrachte die Verwüstung der letzten Stunden. Ich beginne, laut Musik anzumachen und aufzuräumen. Und in mir fühlt sich alles so friedlich an. So klar. So endgültig. So dankbar.

Feli ist wegen des unendlichen Sternenhimmels Wahl-Landei geworden und träumt von ihren eigenen Hühnern, von denen sie bereits die Namen weiß. Ihr Herz hängt am Nahen Osten, Kurzdokus auf Youtube, Ratespielen und Wissen jeglicher Art. Derzeit führt sie eine freundeskreisinterne Umfrage zu multiplen Orgasmen durch.

Headerfoto: henri meilhac via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür.

 

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