Neulich dachte ich nach über faire Liebe und moralische Kompasse. Evolutionsbedingt ist Fortpflanzung unser Job. Frauen schütten nach dem Sex, während der Geburt und beim Stillen das Bindungshormon Oxytocin aus. Der Drang nach Bindung zum Kind und zum/zur (Sexual-)Partner:in soll sicherstellen, das familiäre Gefüge zusammenzuhalten.
Es ist Segen und Fluch zugleich, weil es uns oft zu Unrecht vorgaukelt, bei jemandem bleiben zu wollen, in den wir gar nicht wirklich verliebt sind. Während Männer zwar auch einen kleinen Teil des Kuschelhormons produzieren, sind sie primär dafür verantwortlich, ihr Sperma so weit wie möglich zu verbreiten. Ein Mann produziert in seinem Leben rund 500 Milliarden Spermien. Was etwa 70-mal der Weltbevölkerung entspricht.
Nachdem wir den Höhlen der Steinzeit entwuchsen und uns weiterentwickelten, knüpften wir Beziehungen und schlossen Ehen, die meisten in erster Linie monogam.
Nachdem wir den Höhlen der Steinzeit entwuchsen und uns weiterentwickelten, knüpften wir Beziehungen und schlossen Ehen, die meisten in erster Linie monogam. In zweiter Linie funken unsere Triebe, Egos und das grünere Gras auf der anderen Seite dazwischen. Der Sprung zur Seite hat etwas Aufregendes, Prickelndes und Verbotenes.
Heimliche Treffen, versteckte Eheringe und überschminkte Spuren vom Sex der letzten Nacht. Sicher können wir lange nach dem Wurfberechtigten des ersten Steines suchen, dennoch sollten wir ab und an unseren moralischen Kompass neu zentrieren. Vielleicht sind hier Nicht-monogame Beziehungen ein guter Wegweiser. Zumindest mehr Offenheit und Kommunikation, bevor man komplett die Orientierung verliert. Trotz allem nicht jedermenschs Sache – fair enough!
Nachrichtenverläufe löschen und heimliche Telefonate im Auto, bevor man den Kindern einen Kuss auf die Stirn gibt. Ist Doppelmoral besser als keine?
Nichtsdestotrotz sollte es irgendwann an der Zeit sein, fair zu bleiben, die Leichen aus dem Keller zu begraben und den Mut aufzubringen, ehrlich zu sich selbst und seinem/seiner Partner:in gegenüber zu sein. Nicht zu vergessen die Geliebten, die oft an langen Armen verhungern, voller Hoffnung, dass die Entscheidung doch auf sie fallen wird. Die, die oft das Zünglein an der Waage sind, bevor es woanders war. Gehen, bleiben oder alles haben wollen. Nachrichtenverläufe löschen und heimliche Telefonate im Auto, bevor man den Kindern einen Kuss auf die Stirn gibt. Ist Doppelmoral besser als keine?
Ist es zu viel verlangt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, bevor der Zug entgleist? Seit wir keine Mammuts mehr jagen und uns mit Keulen auf den Kopf schlagen müssen, steht es uns frei, kein Arschloch zu sein, unabhängig vom Geschlecht. Ich finde, dieses Privileg sollten wir in einer zivilisierten Gesellschaft nutzen. Liebe ist frei, solange sie fair ist und auch ich werfe weder mit unschuldigen, ersten Steinen, sondern lediglich mit Phrasen um mich. But at I least tried.
Headerfoto: Darina Belonogova (Kategorie-Button hinzugefügt, Bild gecroppt und gespiegelt.) Danke dafür!