Reden ist Silber, Schweigen ist Gold: Über mein Unvermögen, den richtigen Ton zu treffen

Irgendwann platzt es unkontrolliert raus. So kontrolllos, dass es derb wird. So heftig, dass ich jeglichen Gedanken auskotze. Jeden noch so kleinen Arschlochgedanken, den ich eigentlich für immer behalten wollte. Für nichts in der Welt mit jemandem teilen. Das war der Plan. Tja, nun ist er da. Dieser Moment. Dieser Moment, in dem es in einem brodelt, kocht und überschäumt.

Die lange Zeit des Schweigens, der guten Miene ist vorüber. Das böse Spiel kann beginnen. Drauf geschissen. Jetzt geht’s los. Und warum? Weil ich es zu lange ausgehalten habe. Tage, Wochen oder gar Monate. Stolz wie Oskar war ich, weil ich es so gut für mich behalten konnte. Fühlte mich stark. Als wäre der Mund vergoldet. Als wäre jedes Wort golden und stumm.

Ich lebe in meiner eigenen Welt, in der ich glaube, dass ich groß durchs Schweigen erscheine.

Ich lebe in meiner eigenen Welt, in der ich glaube, dass ich groß durchs Schweigen erscheine. Vieles mit mir selbst ausmache, meine eigene Party feiere, ohne Gäste, sozusagen. Was ziemlich deprimierend sein kann. Dabei sollte ich sagen: Hey, hier bin ich, ich habe Gefühle. Mich verletzt was. Ich mag das. Ich find das scheiße. Oder: Fick dich. Alles in sich reinfressen bis es platzt ist meine Devise.

Ich denke oft, ich würde die Situation verschlimmern, wenn ich das Reden anfange, würde die Harmonie zerstören. Es lohnt sich nicht, das aufs Spiel zu setzen, ich vergesse diese fiesen Gedankenmonster schon wieder, sie werden bald verschwinden. Für eine Zeit mag das auch funktionieren. Lebe vor mich hin und alles ist gut. Nahezu perfekt. Doch nur ein klitzekleiner Augenblick holt diese dunkelbunten Erinnerungen wieder hervor. Zum falschen Zeitpunkt. Am falschen Ort.

Wenn überhaupt macht dieser Moment, dieser gänzlich falsche Moment alles kaputt. Nicht der noch harmlose und kontrollierbare Augenblick. Nein, denn er ist vorüber. Längst vergangen.

Doch nur ein klitzekleiner Augenblick holt dunkelbunte Erinnerungen wieder hervor. Zum falschen Zeitpunkt. Am falschen Ort.

Hätte ich es sofort, just in diesem Moment, als mich dieser Gedanke traf, in einer angemessenen Tonlage, mit einem bezaubernden Gesicht gesagt, dann wäre es ehrlicher und sanfter als Monate später, aus einem falschen Impuls heraus, und dann so geballt, dass mein Gegenüber mit meinen Worten vollgekotzt da steht, nicht weiß, was hier gerade geschieht. Woher auch?

Ich habe es schließlich schon x Mal durchgekaut. Meine eigenen Gespräche in meiner kleinen Parallelwelt da oben im Hirn geführt, immer und immer wieder. Das Reale verläuft natürlich nicht wie durchgespielt ab.

Mein Gegenüber hat von all dem nichts mitbekommen. Nun liegt er da, regungslos, regelrecht apathisch, voll mit meinem Gedankenbrei und kann nichts damit anfangen. Was mich natürlich noch wilder werden lässt. Immerhin ist es ja klar. Zumindest für mich. Ich weiß was ich fühle, was in mir los ist.

Durchatmen.
Gedanken sammeln.
Durchatmen.
Die richtigen Worte zurecht legen. Kurz und prägnant. Ohne Umschweife. So dass es verständlich ist. So dass es zu keinen Missverständnissen kommen kann. Freundlich und ehrlich.

Keine Frage, selbst wenn man durchdachte Worte loswird, kann das dem anderen weh tun. Man hat aber die Möglichkeit es abzudämpfen, es diplomatisch und gekonnt rüberzubringen. Ohne große Verluste. Ohne eine Ladung Wortkotze. Silber.

Stefanie ist frisch verliebt und glücklich. Leicht introvertiert, dennoch aufmerksam und sensibel was Mitmenschen angeht. In verletzlichen Themen oft zurückhaltend. In allen anderen ein Badass der Worte, nach dem Motto: Alles auf den Tisch.

Headerfoto: Nadja Tatar via Creative Commons Lizenz 2.0! (Gedankenspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

imgegenteil_Stefanie

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