I want it all

Eins vorneweg: Ich will ziemlich viel. Genau genommen alles und immer sofort. Geduld ist nicht meine Stärke – ich bin Widder. Und um es klarzustellen: Es muss mir nicht alles auf dem Silbertablett serviert werden. Ich bin durchaus gewillt zu kämpfen. Und wenn ich etwas nicht haben kann, dann will ich es erst recht. Ich will einen Job, der mich so ausfüllt und glücklich macht, dass ich nachts kaum schlafen kann, weil ich so voller Vorfreude auf den nächsten Tag bin. Ich will eine Wohnung in der besten Lage der Stadt, aber dennoch eine Ruhe-Oase, deren wunderhübsche Einrichtung mich mit jedem Heimkommen aufs Neue fasziniert. Mit schönem Balkon, prächtigen Blüten in allen Farben. Ich will Sommer und einen kühlen Drink in der einen, ein gutes Buch in der anderen Hand. 11 Monate im Jahr – also quasi immer, außer an Weihnachten. Da will ich Schnee, wegen der Romantik und so. Ich will einen Mann, der mich noch vor dem ersten Gespräch so umhaut, dass ich mich kaum mehr auf meinen Beinen halten kann. Dessen Charme mich wie eine flauschig weiche Wolke umhüllt bis mir schwindelig wird. Ich will, dass er ein Alphatier ist – der Rudelführer – dass er immer weiß, was zu tun ist. Ich will, dass er mich auch an den tristesten Regentagen zum Lachen bringt und zwar so, dass ich Schmerzen im Bauch habe – vor lachen und vor lauter Schmetterlingen. Ich will, dass er klug ist und zu allen Themen, die mich interessieren, etwas zu sagen hat. Und auch eine Meinung hat zu Dingen, die mich nicht interessieren. Ich will, dass er stark ist. Ich will, dass er weich ist. Ich will, dass er laut ist und leise. Ich will, dass er all meine Launen (wie bereits erwähnt, ich bin Widder …) zu handeln weiß. Mich von Höhenflügen zurück auf den Boden (der Tatsachen) bringt. Meine Inspirationsquelle ist und Nächte lang mit mir reden kann, aber auch mit mir schweigen. Einfach nur daliegen und den Rest der Welt vergessen.

„If I lay here, if I just lay here, would you lay with me and just forget the world?”

Ja! Und ich will streiten – ab und an. Und versöhnen und lieben. Laut, wild, leise und zart. All at once. Ich will, dass er lauter verrückte Ideen hat, aber trotzdem ganz normal ist – also im Kopf und auch sonst. Ich will, dass er normal ist, aber anders. Während ich das schreibe, muss ich laut lachen und frage mich, was man alles so will und woher um Himmelswillen das alles kommt. Zugegeben, es ist unschwer zu erkennen, ich bin Perfektionistin. Ich habe es gern, wenn die Dinge so laufen, wie ich es will. Ich fühle mich dann tatsächlich einfach besser. Unvorhergesehenes ist nichts für mich. Damit kann ich nicht … Aber wie das Leben so spielt, kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt.

„Life is what happens while you’re busy making other plans.“

Ja ja, John, schon klar. Was, wenn alles so da ist, wie es in den letzten Gehirnwindungen und in dem von Traumata geprägtem Unterbewusstsein präsent ist? Was, wenn alles da ist und man es nicht erkennt? Was, wenn die perfekte Wohnung schon längst da ist? Was, wenn dieser eine Mensch schon längst in deinem Leben präsent ist. Tag ein Tag aus die Türe des eigenen Herzens passiert und dennoch keinen Schlüssel hat. Ja, den Schlüssel zum Herzen gar nicht finden kann. Weil das Konstrukt aus (Wunsch-)Denken, Vorstellungen und Erwartungen von einem realen menschlichen Wesen gar nicht erfüllt werden kann? Was, wenn ich den Blickwinkel ändere und da auf einmal dieser eine Mensch ist, der all die Dinge nicht hat und irgendwie doch hat. Nicht so, wie es eigentlich sein sollte, sondern anders und trotzdem – oder gerade deswegen – perfekt? Wenn auf einmal – ganz still und leise – alles da ist, alles, von dem ich nicht einmal wusste, dass ich es will.

„Those three words.“

… beim Tippen dieser Zeilen schiebt sich gerade die Sonne durch eine schier nicht enden wollende, graue Wolkendecke. Ganz zaghaft.

Headerfoto: James Blann via Creative Commons Lizenz!

JULIA hat meistens gute Laune und macht beim Rückwärtseinparken die Musik leiser – der besseren Sicht wegen. Sie studierte Internationales Marketing und Volkswirtschaftslehre und mag neben Zahlen auch ganz gern Buchstaben. Am liebsten die mitten aus dem Herz. Seitdem sie beim Bügeln fast einen Brand ausgelöst hätte, lässt sie das mit dem heißen Eisen lieber sein. Sie hat mal aus Versehen einen ganzen Löffel Wasabi gegessen und denkt darüber nach, sich bald ihre eigene Welt zu kaufen, in der Ausschlafen ein Grundrecht wäre.

13 Comments

  • „Nach Perfektion zu streben, sich ihr annähern zu wollen ist okay, aber nicht, sie tatsächlich erreichen zu wollen. Wer das nicht versteht, wird ewig unzufrieden und unglücklich sein.“
    Zitat eines ehemaligen Fussballers aus Deiner Region.

    Man mag von im halten, was man will, aber er hat Recht. Wenn eine Frau sich auf diese Ansprüche fixiert, ist sie erst bis 25 Single, dann bis 29, dann ist die magische 30 geknackt usw. Bei den Männern gehen dann die Alarmglocken an, wenn sie so eine Frau kennenlernen. Kein Mann tut sich eine Frau an, die stets unzufrieden ist, weil sie sich und andere durch ihre Ansprüche unter Druck stellt. Und wer die dahinter liegende Kompromissbereitschaft nie lernt, dem fehlt langfristig eine elementare Kompetenz fürs Leben.

    Good luck!

  • Es ist schön zu wissen, dass man nicht allein ist, allein in dieser von Hollywood erschaffenen Traum-Kitsch-Welt lebt.
    Next step: getting back to reality <3
    Ich danke dir 🙂

  • Hey Du,
    ich falle ja sonst nicht gerne auf, aber an der Stelle, an der es um das Kennenlernen sympathischer Sebastians geht, moechte ich mich mal vordrängeln. Bevor Du es später nicht mal bereuen kannst nicht da gewesen zu sein, hier mein Terminvorschlag zum Vorstellungsgespräch am nächsten arbeitsfreien We. Während Du dir den passenden Ort (möglichst keine Krisengebiete) ausdenkst, beantworte ich geduldig alle moeglichen und unmoeglichen Fragen zu Motivation, Alter, Aussehen, Beruf, Historie, Lieblingstier und Visionen unter
    Liebe Grüße Sebastian

  • Steinböcke verstehen das auch 😉
    Danke dafür und für die tolle Liedzeile von Snow Patrol 🙂
    Uns sorry, aber wenn man sich nicht mal mehr für sich und sein Leben einen gesunden Egoismus gönnen kann – es geht ja schließlich um das eigene Leben und die Vorstellung davon, wie man es gerne hätte – warum sollte dies bitte nicht ich-bezogen sein?

  • Puh, ich finde das unglaublich flach und nur Ich-bezogen. Sorry, aber reiht sich nicht ein in die Qualität vorangegangener Texte.

  • Warst du heute betrunken am ostbahnhof einkaufen?da war eine die sah dir sehr ähnlich. Hinter mir an der kasse. Ganz schön frech. Hat nur abgekackt über berlin und drogen und das München eh viel besser sei. Ich meinte ruhe. Aber leider hat sie mich beschimpft. Wenn du das warst dann gute nacht. Wenn es an mir liegt, dann guten abend.und ich irre mich dann tschuess.

    • Hallo Sebastian, schön, dass du meinen Gastbeitrag gelesen hast. Dennoch muss ich dich enttäuschen, denn ich war das Wochenende nicht in der Stadt. Schade eigentlich, wäre sicher nett gewesen, dich kennenzulernen. Scheinst ja ein sympathischer Kerl zu sein…

  • Du sprichst mir aus der Seele. 1 zu 1. Hätte wirklich von mir sein können.
    Vielleicht ändere ich auch einfach mal den Blickwinkel … ja, am besten gleich morgen früh schon 🙂

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