„Verliebe Dich nicht in mich“, hättest Du sagen sollen

Du weißt, was ich fühle, und es ist mehr, als ich sollte. So schön jeder Moment ist, den ich mit Dir verbringe, den ich an Dich denke, den ich Dich neben mir spüre, Dich küsse oder den Du mit mir sprichst – er ist dennoch bittersüß. Ich habe mich in Dich verliebt, ich habe es Dir auch gesagt. Geantwortet hast Du so gut wie nichts. Du brauchst eben Zeit. Und das respektiere ich, rede ich mir ein. Ziemlich erfolgreich sogar. Aber von Anfang an.

Es war keine Liebe auf den ersten Blick, gewiss nicht. Aber seit dem ersten Moment, in dem ich Dich sah, kribbelt etwas in mir, wenn es um Dich geht. Am Anfang waren es meine weichen Knie, dann war es mein schneller klopfendes Herz, inzwischen meine Gedanken und Hoffnungen, die sich völlig unkontrolliert alles vorstellen wollen und völlig unbremsbar in Richtungen rennen, in denen sie nichts verloren haben.

Wenn Du mich berührst, spüre ich nichts und alles. Ich spüre, wie meine kleinen Armhärchen sich aufrichten, fühle, wie mein Unterleib sich wohlig verkrampft, merke meinen Kopf, in dem nichts außer Watte ist. Das schaffst Du immer wieder. Du machst es nicht absichtlich, weil Du nichts davon weißt. Und es nutzt sich mit der Zeit auch nicht ab.

Aber es ist eben nicht super. Es will sein: unbeschwerte Verliebtheit. Es ist: naives Hoffen.

„Super!“, könnte man meinen. „Uneingeschränkt super!“ Aber es ist eben nicht super. Es will sein: unbeschwerte Verliebtheit. Es ist: naives Hoffen. Es ist ein flaues Gefühl und es ist – ich müsste sonst lügen – auch Angst. Nicht Angst vor dem existenziell bedrohlichen Schmerz, den man so harmlos „Liebeskummer“ nennt, aber Angst vor der Enttäuschung. Angst vor dem „war doch klar“, vor dem „hättest Du besser wissen müssen“. Vor dem „ich habe lange in mich hineingehört, aber es reicht einfach nicht“. Ach, fuck it!

Ich verdränge den Gedanken. Das flaue Gefühl kann ich schwer verdrängen, vor allem nicht, wenn ich bei Dir bin. Ich erlebe, wie schön es sein kann, wie sehr ich Dich mag. Ich erlebe, was ich nicht bekomme, wenn ich Dich nicht bekomme. Der geneigte Leser fragte sich nun: „Aber warum denn nicht? Was bitte ist denn das Problem?“ Tja. Im Grunde ist es ganz simpel – lösbarer wird es dadurch trotzdem nicht.

Wie viele Kompromisse muss man eingehen und wie viele fühlen sich davon noch als solche an, wenn man es für den richtigen Menschen tut?

Konflikte – oder flaue Gefühle – entstehen zwischen Menschen unter anderem, wenn sie unterschiedliche Dinge begehren. Oder wenn sie glauben, dass die Dinge, die andere begehren, so furchtbar unvereinbar mit ihren eigenen Wünschen seien. Wo liegt die Grenze zwischen Verbindlichkeit und Einengung? Wie viele Kompromisse muss man eingehen und wie viele fühlen sich davon noch als solche an, wenn man es für den richtigen Menschen tut? Ist „schon bald mal“ noch eine Teilmenge von „in den nächsten fünf Jahren definitiv nicht“? Hm. Ich habe keine Antwort darauf.

Aber die Probleme fangen doch da an: wenn ein Mensch mit einem anderen zusammen sein will, also so richtig mit beieinander übernachten, über Gefühle sprechen und eine Zukunft planen, aber der andere nicht. Also noch nicht oder nicht richtig oder nur in Teilen. Aber vielleicht, das weiß der andere Mensch noch nicht genau, vielleicht auch nie, nie richtig.

Wenn der eine Mensch Gefühle für den anderen hat, aber der andere noch nicht so viele oder nicht die gleichen. Wenn er auch nicht absehen und nicht versprechen kann, ob die jemals kommen. Wenn der eine Mensch in den nächsten Jahren definitiv keine Kinder möchte und vielleicht nie welche wollen könnte, aber der andere schon. Vor allem, wenn der eine Mensch von sich selbst denkt, niemals ein guter Elternteil werden zu können, den anderen aber für einen in der Zukunft phänomenalen hält. Hach, ja. Perks of dating elder men who will someday make amazing dads. 

Ganz am Anfang, da hättest Du mich warnen sollen. „Verliebe Dich nicht in mich“, hättest Du sagen sollen. Aber wer sagt so was schon?

Ganz am Anfang, da hättest Du mich warnen sollen. „Verliebe Dich nicht in mich„, hättest Du sagen sollen. Aber wer sagt so was schon? Keiner. Und Du schon dreimal nicht. Du bist selbstbewusst, aber nicht eingebildet. Du bist klug, aber kein Weissager. Du bist emphatisch, aber weniger emotional. Du verliebst Dich langsam, wenn überhaupt. Du trägst Dein Herz nicht auf der Zunge – im Gegensatz zu mir.

Manchmal beobachte ich Dich aus der Ferne. Wenn Du ein paar Meter entfernt stehst und telefonierst. Wenn Du auf der anderen Straßenseite aus Deiner Haustür kommst und mich noch nicht entdeckt hast. Wenn Du am Tisch meiner Eltern sitzt und Dich angeregt unterhältst. Ich sehe diesen tollen Mann, der witzig, liebevoll, klug und selbstbewusst ist und mein Herz schlägt schneller.

Ich möchte zu Dir gehen und Dich festhalten, Dir durch die Haare streichen, Dir genau das sagen. Und ich mache … nichts davon. Was sollte es ändern, wenn du eh schon alles weißt?

Headerfoto: Larm Rmah via Unsplash! (Gedankenspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür.

NINA wurde Anfang der 1990er in Mainz geboren, lebt mittlerweile in München und macht dort irgendwas mit Pharma. Dinge, die sie begeistern: Trockenbeerenauslese, Leute beobachten, sich schwarz anziehen, Möpse (Rasse Hund, nicht Brüste), Sachen, die man eigentlich nicht im Bett macht, im Bett machen. Dinge, die sie nicht mag: Dating habits der Generation Y, Nazis, Sexismus, Kapern & Gin Tonic (weder alleine noch in Kombi). Analysiert wird alles, was sie beschäftigt und worüber sie nachdenkt auf ihrem Blog.

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